Full text: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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teil der Welt. Sie waren ethisch, weil Sie weltlidi empfanden. Sie 
hatten die gioße Ergebenheit. 
Die wurde Ihnen auch zum Thema. Dann löste sich das Steinerne 
Ihrer Verse, das Schlagende wie das Starre. Die Welt wurde Ihnen 
sanft. Ihre weitgeöffneten Augen füllten sich mit der Dämmerung, die 
weich wie Sterben und Zerbrechen ist. Ihre Sehnsucht macht immer 
ein paar Schritte nach dem Himmel zu. Ihre Verse der Selbstauflösung 
sind Gelübde der Frommheit. Sie waren nicht gläubig in Unterord 
nung. Sie hatten die Gläubigkeit derer, die sich selbst wie Weihwasser 
an die Welt versprengen. 
In zwei Worte konnten Sie ein melancholisches Gesicht hämmern. 
Ergreifend nackt stehen Sie vor mir, wenn Sie das »brave Abendrot« 
wie einen Sanitätsrat behandeln. 
Ich sehe Sie, den grauen Felsenkopf blutig geritzt vom Gesehenen, 
ungeheuer fremd und hilflos wie ein Kind, sterbend zwischen Soldaten 
geschlachte und Körperelend, Sie, der Dichter der Sinnlosigkeit, er 
schlagen von dem Weltunsinn selbst. Ihr Tod ist eine groteske Ge 
bärde auf dem Hintergrund des gigantischsten Körpertriumphes im 
Knäuel eines Kampfes, der doch ums Fressen geht, Ihr Tod, irgend 
wie groß, widerspruchsvoll und zum Davonlaufen schmerzlich — wie 
ein Lichtensteinsches Gedicht. Ihr Tod wie Ihre Verse: zum Lachen, 
zum Brüllen, zum Weinen. 
Empfangen Sie meinen letzten Brief. 
Immer 
Ihr A L.
	        
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