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zu geben), ein Unvernünftiges, Überlebendiges leugnet die Vergäng-
lichkeit. Wir können nicht richten, nicht lösen die unendlichen Wider
sprüche begrenzter Erkenntnis. Unsre Kraft ist: Diener zu sein unsrem
Willen, Kämpfer zu sein dem Geist gegen die todverkündende Leib-
lichkeit.
Ihr letzten der Menschheit, die Menschheit will sterben, nicht ver-
enden.
Darum fordere ich, der Älteste, euch auf: ein jeder zeichne mit
seinem Namen und eigner Hand diese Denkschrift:
Wir, letzte Sprossen des Menschengeschlechts, fassen nicht, ob
mit unserm Leben der Sinn der Erde erlöschen wird. Unser Ewig-
keitswille heißt uns leben und sterben, das Nichts verneinend. Ihm
gerecht zu werden, verpflichten wir uns durch Namensunterschrift.
Wir wollen unsre Lebensweise nicht beeinflussen lassen durch das
Wissen von der Nähe des Zeitpunkts, da die Menschheit aussterben
wird. Der jeweils Älteste bleibt das Haupt unsrer Gemeinschaft. Jede
menschliche Leiche, außer der letzten, wird in bisheriger Weise ver-
brannt und bestattet.
Der letzte Mensch wird sich selbst eine Urne setzen um sein ab
geschnittenes Haupthaar darin zu bergen, und wird, solange seine Kräfte
es zulassen, den Kalender und ein auf Pergament zu schreibendes
Tagebuch führen, die dem Archiv einzuverleiben sind. Endlich soll er
Sorge tragen, daß er in geschlossenem Raume stirbt, geschützt vor
Einflüssen der Witterung und Tierwelt.«
Die Denkschrift wurde von allen Menschen ohne Einwand unter
zeichnet,- ihr Leben lief weiter, reibungslos wie bisher.
Der letzte Mensch trat zur Leiche, die er verbrennen sollte, mit
gesträubten Blidcen, wie zu etwas Neugeborenem. In den dünnsten
Verästelungen der geronnenen Adern des Toten stieß er auf sich,
fing an zu bauen, fand aber nirgends Grund. Auf- und abschreitend
verlor ersieh wieder. Wieso er nachher auf der Straße ging, bemühte er