Volltext: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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Herde, sie sind seine Hirten, Melker und Schinder/ sie haben die 
Häute der Bauern an, der Raub der Armen ist in ihrem Hause/ die 
Tränen der Witwen und Waisen sind das Schmalz auf ihren Gesich- 
tern/ sie herrschen frei und ermahnen das Volk zur Knechtschaft. 
Ihnen gebt ihr 6000000 Fl. Abgaben/ sie haben dafür die Mühe, 
euch zu regieren / d. h. sich von euch füttern zu lassen und euch eure 
Menschen* und Bürgerrechte zu rauben. Sehet, was die Ernte eures 
Schweißes ist! 
Für das Ministerium des Innern und der Gerechtigkeitspflege wer* 
den bezahlt 1110607 Gulden. Dafür habt ihr einen Wust von Ge 
setzen, zusammengehäuft aus willkürlichen Verordnungen aller Jahr 
hunderte, meist geschrieben in einer fremden Sprache. Der Unsinn 
aller vorigen Geschlechter hat sich darin auf euch vererbt, der Druck, 
unter dem sie erlagen, sich auf euch fortgewälzt. Das Gesetz ist das 
Eigentum einer unbedeutenden Klasse von Vornehmen und Gelehr 
ten, die sich durch ihr eignes Machwerk die Herrschaft zuspricht. Diese 
Gerechtigkeit ist nur ein Mittel, euch in Ordnung zu halten, damit 
man euch bequemer schinde,- sie spricht nach Gesetzen, die ihr nicht 
versteht, nach Grundsätzen, von denen ihr nichts wißt, Urteile, von 
denen ihr nichts begreift. Unbestechlich ist sie, weil sie sich gerade 
teuer genug bezahlen läßt, um keine Bestechung zu brauchen. Aber 
die meisten ihrer Diener sind der Regierung mit Haut und Haar ver 
kauft. Ihre Ruhestühle stehen auf einem Geldhaufen von 461373 Gul 
den <so viel betragen die Ausgaben für die Gerichtshöfe und die Kri 
minalkosten). Die Fräcke, »Stöcke und Säbel ihrer unverletzlichen Diener 
sind mit dem Silber von 197502 Gulden beschlagen <so viel kostet die 
Polizei überhaupt, die Gendarmerie usw.>. Die Justiz ist in Deutsch 
land seit Jahrhunderten die Hure der deutschen Fürsten. Jeden Schritt 
zu ihr müßt ihr mit Silber pflastern, und mit Armut und Erniedrigung 
erkauft ihr ihre Sprüche. Denkt an das Stempelpapier, denkt an euer 
Bücken in den Amtsstuben und euer Wachestehen vor denselben. 
Denkt an die Sporteln für Schreiber und Gerichtsdiener. Ihr dürft
	        
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