Volltext: Der Almanach der Neuen Jugend auf das Jahr 1917 (1)

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ner der Könige. Die junge Freiheit wuchs im Blut der Tyrannen, und 
vor ihrer Stimme bebten die Throne und jauchzten die Völker. Aber 
die Franzosen verkauften selbst ihre junge Freiheit für den Ruhm, 
den ihnen Napoleon darbot, und erhoben ihn auf den Kaiserthron. — 
Da ließ der Allmächtige das Heer des Kaisers in Rußland erfrieren 
und züchtigte Frankreich durch die Knute der Kosaken und gab den 
Franzosen die dickwanstigen Bourbonen wieder zu Königen, damit 
Frankreich sieb bekehre vom Götzendienst der erblichen Königsherr* 
schaft und dem Gotte diene, der die Menschen frei und gleich ge* 
schaffen. Aber als die Zeit seiner Strafe verflossen war und tapfere 
Männer im Julius 1830 den meineidigen König Karl den Zehnten aus 
dem Lande jagten, da wendete dennoch das befreite Frankreich sich 
abermals zur halberblichen Königsherrschaft und band sich in dem 
Heuchler Louis Philipp eine neue Zuchtrute auf. In Deutschland und 
ganz Europa aber war große Freude, als der zehnte Karl vom Thron 
gestürzt ward, und die unterdrückten deutschen Länder richteten sich 
zum Kampf für die Freiheit, Da ratschlagten die Fürsten, wie sie dem 
Grimm des Volkes entgehen sollten, und die listigen unter ihnen 
sagten: Laßt uns einen Teil unserer Gewalt abgeben, daß wir das 
übrige behalten. Und sie traten vor das Volk und sprachen: Wir 
wollen euch die Freiheit schenken, um die ihr kämpfen wollt. — Und 
zitternd vor Furcht warfen sie einige Brocken hin und sprachen von 
ihrer Gnade. Das Volk traute ihnen leider und legte sich zur Ruhe. 
— Und so ward Deutschland betrogen wie Frankreich. 
Denn was sind diese Verfassungen in Deutschland? Nichts als 
leeres Stroh, woraus die Fürsten die Körner für sich herausgeklopft 
haben. Was sind unsere Landtage? Nichts als langsame Fuhrwerke, 
die man einmal oder zweimal wohl der Raubgier der Fürsten und 
ihrer Minister in den Weg schieben, woraus man aber nimmermehr 
eine feste Burg für deutsche Freiheit bauen kann. Was sind unsere 
Wahlgesetze? Nichts als Verletzungen der Bürger* und Menschen* 
rechte der meisten Deutschen. Denkt an das Wahlgesetz im Groß*
	        
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