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Eure Todesangst, welche viel lieber Lebensangst heißen sollte, ist der»
maßen Fleisch und Blut in euch geworden, daß sie euch einen wahren
Albdruck bereitet, so daß ihr eine Irrealität pathologisch vor Augen seht,
Zerrbilder der allein echten Seligkeit, als da sind: Unmeinige, Schüsse,
Oberstleutnants, Irrenhäuser, Kanonen, Wunden und Leichenfelder.
Aber mein lieber Hastenpiep, du hast doch selber das Eiserne! Du
hast ein Buch über den Krieg geschrieben, das der Kultusminister heute
in allen Schulen lesen läßt. Mensch, besinne dich! Der Weltkrieg ist doch
jetzt gerade im allerbesten Gang. Stimm an, stimm an den Sterbe»
gesang, denn schon verbreitet der Serbe Gestank/ und mit den er*
schlagnen Rumänen füttern wir unsre Muränen. Und du allein weigerst
dich, mit offenen Augen hinzusehen, und wirfst uns Augenschließen
vor. Wenn ich deine wahre Gesinnung nicht kännte, würde ich glauben,
du simuliertest.
Hastenpiep sah mich an: Mynona, nicht die Sinne nehmen wahr,
sondern der Geist/ sowie auch nicht der Leib handelt, sondern der
Geist,- der Leib istnur Werkzeug. Aber der Geist ist nicht der »Genius
des Krieges«, wie ihn der Mund des Volkes nennt/ sondern des Frie»
dens, und Sinne und Leib sind gelehrige, aber widerspenstige Schüler
dieses Geistes. Ihr habt so gut wie geistlose Sinne. Daher nehmt ihr
eine Menge Unsinn wahr. Eure Wahrnehmung ist Falschnehmung.
Denke dir nun, daß du plötzlich — Mynona, ich kann Verständnis*
inniger mit dir reden als mit diesem Direktor, der mich von Amts wegen
für einen Idioten hält. Mynona, der Geist, der Geist des Friedens, hat
mich vermittelst eines Knalles <er hat'n Knall, murmelte der Direktor),
eines Schusses so ergriffen, daß meine Wahrnehmung endlich echt ge»
worden ist, und daß ich zugleich die Abweichungen eurer falschen von
meiner echten objektiv konstatiere. Mit euch ist es nicht richtig, weil
ihr eigentlich noch geistlose, trübe Sinne habt, Wolken, durch welche
die Sonne Frieden nicht hindurchdringen und euch die Welt in klarem
Lichte zeigen kann. Ihr seht dort den Weltkrieg, wo ich die Gefilde
der Seligen wahrnehme.