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Und eines Tages hatte er den Feind, der im Menschen selbst und
nicht außer ihm ist, so scharf erkannt, daß seine Augen die eines schuld
bewußten Mörders wurden. Da geschah es, daß Tränen wilden Zornes
ihm hinter die Augen traten, wenn er ein Mädchen sah, das ihren
Bräutigam, eine Frau, die ihren Mann, ein Elternpaar, das seinen
Sohn verloren hatte und doch lächeln und wie immer das Glas Bier
bestellen konnte.
Einer Mutter, der ihre Stütze fürs Alter, ihre Hoffnung, der Zentral
punkt all ihrer Liebe — ihr einziger Sohn zerstampft worden auf dem
Felde der Ehre und die zu Robert sagte, jetzt muß man sich halt da
mit abfinden, griff er wild an den Hals. Gott strich über des Kellners
Hände und legte seine plötzlich von Liebe durchbebten Finger der
Mutter sanft auf die Schulter. Denn nicht die Frau war schuld, nicht
sie war der Feind und nicht ihre Worte, sondern das, was hinter den
Worten stand. Und das war etwas, das nicht da war. Es war das
Nichtvorhandensein der Liebe.
Das selbstmörderische Schuldbewußtsein brannte die kleine Vater
liebe weg, so daß das Urgefühl der großen Liebe aufstehen konnte
in ihm.
In tiefster Demut, in deren Mittelpunkt die unbesiegbare Kraft der
Liebe stand, verrichtete er die Arbeit des Pikkolos, trug den Gästen
Wasser zu, spülte Gläser aus, ging, als die Glocke ihn rief, in den
großen Hotelsaal.
Schlosser, Maurer, Schreiner, Spengler, Tapezierer, Glaser, zer-
arbeitete Männer, die haarigen, abschreckend häßlichen Tieren mit
Menschenaugen glichen, füllten den großen Hotelsaal; die Bauarbeiter
vereinigung hielt ihre Jahresversammlung ab.
Robert brachte dem Redner, der auf dem Podium stand, eine Flasche
voll Wasser und hörte, ans Klavier gelehnt, hinter dem die Säbelchen
und Schießgewehrchen steckten, dem Redner zu.
Der erklärte, daß Unterstützungsgelder an arbeitslose und kranke
Mitglieder dieses Jahr nicht ausbezahlt werden könnten. Denn es seien