Volltext: Veröffentlichung der November Gruppe (1(1921))

geöffneten Sehtridlfers, eines Kegels, der alles umfasst, was ich zugleich sehe, so er 
kenne ich, dass die gleichzeitige Einwirkung aus der Nähe viel geringer ist als die 
jenige aus der sich immer weiter öffnenden Ferne. Die Grundfläche des Sehkegels 
wächst mit der Entfernung von der Spitze nach mathematischem Verhältnis. Während 
also der Scheifelraum gleich gross bleibt, ändert sich die Menge der optischen Pfeile, 
welche ihn treffen: denn aus der Nähe treffen ihn nur wenige, aus der Ferne 
immer zahlreichere. Dadurch nun, dass die aus der Ferne kommende stärkere 
Energie gezwungen ist, sich im selben Raum des Sehsdieifels zusammen 
zudrängen, wird auch eine desto stärkere rücksfrahlende Gegenwirkung des Gehirns 
ausgelöst, die Empfindung also in eine desto grössere Ferne hinausgeschwungen. Die 
ungeheure Fläche des Mondes muss ihre Wirkung demselben Augenraum zuleiten, 
den die nahe Zimmerwand mit ihrer Einwirkung ausfüllt. Aber der Mond wirkt mit 
unvergleichlich stärkerer Energie, ruft also eine viel stärkere Gegenwirkung hervor, 
wird also in viel grösserer Entfernung wahrgenommen, de weiter die Quelle der 
Lichterregung Vom Auge entfernt ist, desto heftiger ist auch ihr Einfluss auf das Gehirn, 
desto stärker also dessen rückwirkende, die Lidifempfindung in desto grössere Ferne 
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hervorschleudernde Kraft. Nahe Gegenstände wirken weniger energisch, weil sie von 
einer kleineren Basis des Sehkegels aus in den Sehscheifel, das Auge, einfallen. Es 
leuchtet ein, dass es hier mit mathematisch berechenbarer Gesetzlichkeit zugeht. 
Marcus berücksichtigt zum ersten Male nicht nur den Helligkeitsgrad, sondern auch 
die Menge der Energie. Sogar ein ganz nahe gelegener Spiegel reflektiert die ganze 
Menge der ihm zugesandten Strahlen auf das Auge und erregt dadurch das Gehirn 
genau so energisch wie die Gegenstände, von denen diese Strahlen direkt ausgehen, 
daher denn auch die Abbilder dieser Gegenstände in einer ebensolchen Entfernung 
im Spiegel erblickt werden wie die Gegenstände selber. 
Die Ausserleiblichkeit der optischen Empfindung ist besonders überraschend. 
Aber die Marcussche Theorie 'dehnt sich auf alle Empfindungen aus. Zwar sind nicht 
alle ausserleiblich, alle aber ausserhalb des Gehirns gelegen. Sie „sitzen" niemals 
im Gehirne selber — es sei denn, man ergänzte mit Marcus das feste Gehirn um das 
jenseits der Schädelkapsel sich schwingend ätherisch in die Welt erstreckende. Sämt 
liche Empfindungen heben sich vom Nullgrade ihrer selbst als von einem neutralen 
Gemeingefühle ab, welches an sich selber unspürbar ist und nur in jener Abhebung 
indirekt zum Bewusstsein kommt, ähnlich wie Gesundheit erst im Gegensätze zu Er 
krankungen. Mit vollem Recht darf diese Marcussche Theorie des festen Gehirns als 
des gewaltigsten, die Welt ätherisch erfüllenden Aussendeapparates von Empfindungen 
mindestens als eine zweite, wohlbegründete Möglichkeit der gesefzmässigen Erklärung 
der Tatsache gelten, dass die Empfindungen ausserhalb des Gehirns befindlich sind. 
Sperrt man die Sinnesempfindungen in die Schädelkapsel, jedenfalls in die Haut ein, 
so wird man sie, und böte man noch so Viel Scharfsinn auf, nie nach aussen befördern 
können, wenn man dieses Aussen, den Weltraum, nicht als organische Fortsetzung 
des Gehirns, ja des Leibes versteht. Die Haut für die absolute Grenze des Leibes zu 
halten, ist ein Vorurteil, von welchem uns Marcus zum ersten Male nicht nur „spiri 
tistisch", sondern logisch, also vernünftig wissenschaftlich, befreit. 
Warum das Gehirn nur halluzinatorisch und nicht in gesunder, materieller Wirk 
samkeit Empfindungen nach aussen schidien könne, lässt sich gar nicht einsehen; denn 
im Grunde ist alles, was die Sinne uns zeigen, materiell; es gibt keine immateriellen 
Wahrnehmungen. Selbst Gespenster wären kein Trug der Sinne, nur des Urteils. 
Audi die künstliche, nur gemalte Perspektive ist kein Beispiel einer Scheinverlegung; 
ohne vorangehende natürliche Erfahrung würde die Phantasie hier gar nicht ins Spiel
	        
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