Tranz Bfei • Vom Tag
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Tranz Bfei:
VOM TAG
1.
DIE DREISSIG MINUTEN
T/^RIEG oder Nicht-Krieg, das entscheiden dreißig Minuten, um
r\ die zu kurz verhandelt wird«
diese These hielt im Gespräch
einer der beiden Verfasser des deutschen Weißbuches aufrecht gegen^
über seinem philosophisch nicht weniger gebildeten Widerredner, der
ein »Elementarereignis wie Krieg« nicht in so zufällige Abhängig
keit von um dreißig Minuten mehr geäußerter menschlicher Intelligenz
bringen lassen wollte. Die dreißig Minuten scheinen mir begreifliche
Überschätzung des eigenen politischen Berufes und Befangenheit darin,
wofür es in allen Memoiren und Korrespondenzen von Diplomaten
eine Menge Beispiele gibt. So sagt Bismarck, daß es, wenn Clarendon
am Leben geblieben wäre, keinen deutsch-französischen Krieg ge^
geben hätte. Obwohl nicht zu sehen ist, und Bismarck darüber auch
nichts sagt, was »Frankreichs kühler Freund« hätte tun können. Wahr^
scheinlicher ist, daß ein Krieg vermieden werden kann, wenn die
Diplomatie schweigen muß. Der Sezessionskrieg brachte die Gefahr eines
Krieges der Staaten mit England sehr nahe. Mason und Slidell
waren an Bord des »Trent« in Haft, und sechs Wochen lang war
der britische Botschafter, Lord Lyons, der einzige Mann in den
Staaten, der zur Sache absolut nichts zu sagen hatte. Als dann mit
dem Schiff seine Instruktionen kamen, übergab er sie auf der Stelle,
die Gefangenen wurden frei gelassen, und Lord Lyons erhielt das
Großkreuz des Bathordens. Daß es noch kein Kabel gab, verhinderte,
sagt man, den englisch-amerikanischen Krieg. Sechs Wochen Warten
kühlt die Kriegslust ab, die Lyons übrigens auch für kürzere Zeit
nicht warm erhalten hätte, denn er war ein sehr kluger, schweig