GCossen
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der europäischen Orientfrage in einem Ruß»
land befriedigendem Sinne zu finden — und
Trubetzkoi z. B. schlägt als solche vor, die
Meerengen gleichmäßig und ausschließlich
für die Kriegsfahrzeuge aller Küstenstaaten
des Schwarzen Meeres zu öffnen — so
kann man wohl behaupten, daß dann Ruß»
land für unabsehbare Zeit das pazifistischste
Element unter den Weltmächten wäre. Sein
Ausscheiden aus der Entente, die ihm ihren
Zweck erfüllt hätte, würde automatisch auch
die westeuropäische Frage aufhehen, und
dann wäre vielleicht der Zeitpunkt da, die
bisher geübte Individual» und Konkurrenz»
politik der Staaten, die allzu oft nur durch
»Prestige« und prinzipiellen Widerspruch
bestimmt ist, durch eine Machtkartellisie»
rung Europas zu ersetzen.
Gustaf Kauder.
Das < Zeit< s EcBo.
In der Voraussetzung, daß die gegen»
wärtigen Wirren ein Thema abgäben, für
dessen Abwandlungsmöglichkeiten jeder»
mann willige Ohren mitbrächte, hat ein
Münchner Verlag dieses »Zeit»Echo« ein»
gerichtet, periodische Hefte mit geschrie»
benen und gezeichneten Künstler=Reak»
tionen auf den Krieg. Dem vernehmlichen
Reiz der europäischen Mißhelligkeiten ant»
Worten hier allerlei Leute, die es nicht
nötig gehabt hätten, und die es vielfach
ungeschickt tun und nicht mit den besten
Manieren und in Unkenntnis mancher,
beträchtlicher Dinge. Von Nietzsche hätten
diese Echo'isten zur Erwägung nehmen
können, welch eine Klugheit und Selbst»
Verteidigung darin bestände, so selten wie
möglich zu reagieren, Stacheln zu haben,
ja — mehr noch — sich allen Lagen zu
entziehen, wo man auch nur zur Abwehr
des Antwortens, zu der verschwenderischen
»Defensiv»Ausgabe« des Stach lig»sein»
müssens gezwungen wäre. So gefestigt
waren die Beiträger nicht. Schweigen sei
jetzt das beste Teil, weiß zwar einer,- aber
die Herausgeber, die hier eine Enquete
zur Zeitschrift streckten, vertrauten dem
Goethischen:
Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen.
Immerhin gibt es Nuancen. Neben die
ehedem distinguierten Romanciers, die, in
der gewohnten höheren Schreibweis', aber
mit sensationeller Hinopferung geistiger
Besitztümer, Offiziellstes stilisieren, treten
die Nachdenklicheren, Bedenklicheren, wei»
terhin die Postulativen, ideale Forderungen
schwenkend, und endlich gar die Spröden,
Degcutierten, die Eigensinnigen undWi»
derspenstigen. Bei alledem sei man un»
besorgt: von da bleibt ein weiter Weg,
führt überhaupt kein Weg bis zum Unter»
schlupf der »refractaires«, zu des Auver»
gnaten Jules Valles epileptischer »Födera»
tion der Schmerzen«. Das ausschweifendste
Wagnis dieser Blätter: Brüderlichkeit.
Der Lyriker Werfel bekennt sie, und der
milde, geduldige, gütige Sozialprophet
Landauer. Etliche andere melden, für
später, Operationen des Geistes an. Un»
glück könne jeder Esel haben, dozierte
der Marquis von Keith, man müsse es
nur richtig auszubeuten wissen. Aber
diese »Ausbeutung« hier geschieht in zagem
Ton und ohne rechte Überzeugung. Ein
Unerwünschtestes soll so gebogen werden,
daß es schließlich doch zum Besten diene.
Unsinnigem möchte der Schreibtisch-Op»
timismus einen Sinn injizieren,- »was nicht
deutbar, dennoch deuten«. (Loris.) Man
proklamiert, unter Fieberschauern des
schlechten Gewissens, eine geistige Zukunft.
Wäre Geistes»Gegenwart nicht hübscher?