Volltext: Die weissen Blätter : eine Monatsschrift (2(1915),7)

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Gfossen 
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Die wird als vorhanden empfunden nur 
von der Frohnatur Thomas Manns, der 
triumphiert: literarischer Geist habe An- 
teil gehabt an der »Wirklichkeit dieses 
Krieges«. Hier ist nicht mehr gut weilen. 
Delikater geben sich ein paar Damen: 
Mechtild Lichnowsky, die eisig feststellt: 
»Was ist mit dem Tode? Er ist öffentlicher 
geworden«, und Annette Kolb, die Euro 
päerin, mutig zwischen den Rassen stehend 
und jegliche Schadenfreude verabscheuend. 
Das ist das Echo dieser Künstler auf 
den Krieg. Darf man vermuten, daß andere 
leben, die den Ereignissen nicht einmal 
eine Antwort zugestehen? Deren unge 
schriebene Tagebücher, deren nicht preis 
gegebene Visionen bannender wären, als 
dieser ganze kalli- und lithographierte 
Widerhall? Warum in aller Welt dürfte 
man das nicht vermuten? 
Terdinand Hardekopf. 
Proßen aus dem Zeit* Ecßo in 
Auszügen. 
ERSCHEINUNG. 
Wir haben eine Erscheinung, — und es 
hat sie mancher angerufen ,• sie aber weicht 
nicht und schreitet durch unsere Wände 
und steht nicht Rede. Weil ihr tut, als 
kenntet ihr sie. Erhebt eure Augen und 
kennt sie nicht,- schafft ein Hohles um 
sie mit der Frage eurer Blicke,- hungert 
sie aus mit Nidhtkennen! Und plötzlich, 
in der Angst nicht zu sein, wird euch das 
Ungeheuere seinen Namen Schrein und 
wegsinken. 
1. Heft. Rainer Maria Rifke. 
★ 
GESCHLECHTERKAMPF. 
Dieser Krieg ist über alle Gegensätze 
der Rassen und Nationen hinaus zu etwas 
viel Schlimmerem geworden: zu einer Art 
von Kampf zwischen zwei verschiedenen 
Geschlechtern. 
Ein Strindberg täte not, der mit all der 
bitteren Analyse des Wissenden hinein 
leuchte in die hoffnungslose Tragik dieses 
Geschlechterkampfs, den unsere Männlich 
keit nun auszukämpfen hat mit der um 
keine phantastische Selbsttäuschung ver 
legenen Hysterie unserer Feinde. 
Wir werden siegen in diesem Kampf... 
Aber wie wird uns dieser Sieg trotz 
aller jubelnden Genugtuung schmerzen, wie 
wird unser Lachen am Ziel entstellt sein 
durch die Schatten eines unterirdischen 
Grams, durch die aufzuckende Erkenntnis, 
daß solche Hysterie nur unschädlich ge 
macht, nicht aber eigentlich besiegt werden 
kann. Wir werden dasitzen, wie die Strind- 
bergschen Männer dasitzen, wenn die 
Schlacht geschlagen und sie äußerlich das 
Feld behaupten, werden dasitzen mit einem 
durch heimlichen Ekel verzerrten Lachen 
und mit einem allen Siegestriumph lang 
sam aufsaugenden Ohnmachtsgefühl. Denn 
das letzte Wort wird doch die Frau mit 
ihrer Hysterie behalten und was schlimmer 
ist, auch den letzten Applaus . . . 
Damit müssen wir uns abfinden, auch 
mit jenen schmerzlichsten Stunden, von 
denen Strindberg spricht, in denen unter 
der Suggestion der unverwüstlichen weib 
lichen Gefühlstheatralik auch die besten 
Freunde des Mannes sich mit merkbarer 
Kühle zurückziehen und damit Objektivität 
zu markieren vorgeben. Das Bild dieses 
Verrats an der gemeinsamen Männlichkeit, 
heute zeigen es uns jene neutralen Staaten, 
die doch dieselbe moralische Sprache wie 
wir sprachen und doch auf einmal so merk 
würdig harthörig für uns geworden sind ... 
Nicht um die Männlichkeit im kraft 
meierischen Sinn handelt es sich hier, das
	        
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