Volltext: Die weissen Blätter : eine Monatsschrift (2(1915),7)

Gfossen 
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bauen, ein anderer Lustspiele schreiben, 
ein dritter kann Zwiebelstilleben malen 
und ein vierter kann Porträtbüsten mo® 
dellieren. Von ihnen kann jeder verlangen, 
daß »über ihn von einem Fachmann ge® 
schrieben wird«. 
Der Unterschied ist der: was für die 
Cassler Architekten die Hauptsache ist, 
das technische Können des Fachmannes, 
das ist für uns nebensächlich, weil es so 
selbstverständlich ist, wie das körper® 
liehe Gehen — wenn der Geist imstande 
ist zu wollen! 
★ 
Es ist natürlich für die Fachleute viel 
netter, wenn sie unter sich bleiben können. 
Dann ist eine gewisse Gewähr gegeben, 
daß keine unbequemen Forderungen an 
den Geist gestellt werden. Jeder hat gern 
seine Ruhe, besonders das Alter. Die 
älteren Fachkollegen genießen selbstver® 
ständlich die allgemeinste Schätzung. Denn 
sie haben die längste Erfahrung und 
»können« daher auch am meisten. Es ist 
also nur gerecht, wenn sie besondere Wert® 
Schätzung empfangen. Wird im Fachorgan 
»der Gebrauch der Feder ausgebildet«, 
so geschieht es freundlich und im Gefühl 
der Standes® und Fachbrüderschaft. Es 
gibt ja schließlich überall und an jedem 
Bau etwas Gutes, und das Gute muß man 
hervorheben, statt das Schlechte hervor® 
zukehren. Da sind die Treppen gut be® 
lichtet, da ist Geschmack in den Mustern 
der Korridortapeten, da ist die Bühne 
sehr geschickt dem Zuschauerraum gegen® 
übergebaut usw. Mündlich äußert man 
sich zwar vielfach scharf und gallig, aber 
die Feder <im Gegensatz zum Stifte) ist 
weich und fachmännisch . . . was manch® 
mal so viel ist wie weltmännisch. Tadel 
wirkt in Fachkreisen als unfein, plump 
und taktlos. Aber auch das Lob ist ~ 
außer in Nekrologen — nicht recht an® 
gebracht. Die Mitglieder können doch, 
wenn sie einmal aufgenommen sind, alle 
gleich viel. Jedenfalls sind sie doch alle 
»Könner«. Die Unterschiede sind mehr 
Sache des Geschmackes: der eine baut im 
erneuerten Barock, ein anderer im Sinne 
Schinkels, ein dritter pflegt die Feinheit 
des Biedermeier und ein vierter schließlich 
ist streng modern. Aber man darf doch 
in seinem Urteil nicht verrannt sein, nicht 
auf eine bestimmte Formel eingeschworen. 
Alle Wege führen schließlich nach Rom, 
und da wirkt es doch naturgemäß ver® 
stimmend, wenn von den laienhaften Kunst® 
Schreibern »einige Bauleute aus irgend® 
welchen Gründen besonders geschätzt 
werden!« 
Es ist allerdings nicht Recht von der 
Kritik, daß sie einen Unterschied macht 
zwischen Fachleuten und Künstlern — 
und daß sie sogar die letzteren besonders 
schätzt — aus irgendwelchen Gründen! 
★ 
Aber damit die »Leute vom Bau« nicht 
glauben, idi mischte mich nur in »archi® 
tektonische Angelegenheiten«, so richte ich 
zum Schluß an die Direktoren unserer 
Theater — obwohl ich doch keineswegs 
Theaterfachmann bin! — die Frage: Könnt 
Ihr es verantworten, daß nicht einer von 
Euch, in dieser Spielzeit wieder, auch nur 
ein einziges Werk von Herrmann Essig 
aufgeführt hat?! Ado ff Beßne. 
Zürich. 
Man lebt in Zürich: Ländlich unter Mor® 
phinisten. Viele Franzosen gibt es. Die 
Soldaten mit ihren schwarzen Tschackos, 
schwarzer Uniform und roten Achselauf® 
Schlägen erinnern an deutsche Feuerwehr.
	        
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