Volltext: Die weissen Blätter : eine Monatsschrift (2(1915),7)

Carf Stern heim • Napofeon 
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fall das Pathos ihrer Geste. Berühmte politische Personen ahmte er 
nicht nur in Tonfall und Haltung nach, sondern auch, wie er in der 
BetrofFenenen Art mit riesigem Wortschwall durchsichtige Tatsachen 
in ein Chaos verwirrte. Während sie vorgebeugt aus den Kissen 
ihm zusah, führte er dramatische Szenen auf zwischen den Bot= 
schaftern zweier Staaten etwa, in deren Verlauf die beiden, sich 
über eine unsagbare Nichtigkeit unsagbar albern und aufgeblasen 
unterhaltend, allmählich anstelle der verbindlichsten Umgangsformen 
eine immer steifere Haltung, schroffere Bewegungen setzten, bis sie 
schließlich wie zwei schmollende Gockel hochmütig auseinanderstelzten. 
Er erzählte, mit welchen Torheiten und Zufällen sich das Schicksal 
der Gesetzesvorlagen in den verschiedenen Kommissionen, die nach 
den offiziellen Sitzungen bei ihm fortgetagt, meist entschieden hatte,- 
sie gab ihm Einsicht in abertausend Spitzfindigkeiten, die die auf 
die Liebe gestellte Frau der Gesellschaft anwendet, sich ihre Launen 
und ihre Lust, am öffentlichen Leben teilzunehmen, zu erfüllen. Wie oft 
habe sie selbst ihre Gönner in hohen Stellungen aus Eigensinn zu 
unsinnigen, folgenschweren Entschlüssen bestimmt und den Reportern, 
die ihr das Haus einliefen, noch dazu phantastische Lügen aufgebun^ 
den! So reinigten sie sich, das Thema unaufhörlich variierend, inner 
lich von dem Respekt, den proletarische Herkunft ihrer Jugend auf= 
erlegt hatte, und wurden lächelnde Verächter der feinen Lebensformen 
und des guten Tons, den sie wie den Stil in einem Drama von 
Corneille oder einer Moliereschen Komödie agierten, während ihnen 
aus ihrer Liebe ein herzliches Wort, eine menschliche Bewegung 
gleichnishaft dazu immer gewärtig war. 
Im Geschäft dehnte Napoleon die Herrschaft, die er über Fran 
zosen besaß, auf die übrige Welt aus. Er hatte London, Petersburg 
und Wien gesehen, Verbindungen angeknüpft und befestigt, manche 
Anregung mit heimgenommen. Sein Haus wurde an der Themse 
und Donau berühmt, bei Sacher und Claridge fand man Platten 
»Au Chapon fin«. Es scheiterte auch sein Vormarsch an die Newa 
nicht wie der seines unsterblichen Namensvetters. Als der fünfzigste 
Geburtstag vor der Tür stand, war sein Ruhm über zwei Erdteile 
verbreitet, der größere Teil der zivilisierten Menschheit aß streng 
nach seinen Einfällen und Vorschriften. Er besaß ein fürstliches Ein-
	        
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