Volltext: Die weissen Blätter : eine Monatsschrift (2(1915),7)

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Carf Sternßeim • NapoCeott 
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Napoleon die allgemeine Teilnahme und Bewunderung zugetan, als 
dem Korsen. Man wies ihm, der sich nicht zu erkennen gab, ge= 
rahmte Zeitungsnachrichten, in denen es hieß, wie ganz Außerordent 
liches von ihm in verschiedenen Zeitläuften ausgerichtet war — »und 
angerichtet,« wie ein Witziger hinzufügte. Länder samt ihren Fürsten, 
die zivilisierte Welt von West nach Ost habe schließlich ihm, dem 
vlämischen Bauernsohn, einmütig zu Füßen gelegen. Mit nachdenk^ 
lichem, gerührtem Erstaunen hörte Napoleon die mannigfachen Er^ 
Zählungen und entsann sich der Kreuze und Sterne' an rot und 
grünen, an gestreiften Bändern, die irgendwo in einer Schublade 
lagen. 
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Am Rand des unvergleichlichen Wälderkranzes, der Brüssel ein 
säumt, liegt in einer Talsenkung an der Straße von Quatre-bras 
nach Waterloo das Schlößchen Groenendael,- ein weißes, einstöckiges 
Haus aus dem Empire. In vergangenen Zeiten eine Abtei, wurde es 
im neunzehnten Jahrhundert Wirtshaus, in das die besseren Bürger 
Brüssels auf Ausflügen einkehren. Dort ganz nah der Stätte seiner 
Geburt, nahm Napoleon einen Platz als Kellner. Seine Jahre, die 
schwachen Füße erlaubten ihm angestrengten Dienst nicht mehr. Hier 
war im Winter nichts, im Sommer an Wochentagen wenig zu tun. 
Nur Sonntags mußte er sich ein wenig tummeln. Doch nahmen die 
Gäste seiner viel Rücksicht und blickten mit neugieriger Erwartung 
ihm entgegen, trug er das hochbeladene Brett auf sie zu. Jeder hatte 
ein Wort für ihn, dem er freundliche Empfindung unterlegte,- alle 
Anrede begann mit Umschreibung und Entschuldigung fast. Nicht, 
was er brachte, er selbst, wie er's ausführte, blieb Gegenstand teiL 
nehmender Aufmerksamkeit, gutmütigen Staunens, und stand das 
Gewünschte auf dem Tisch, strahlte ihm alles Verwunderung und 
Anerkennung zu. Aber auch Napoleon selbst lachte in heller Be 
friedigung über das ganze Gesicht. Der Wirt mit seiner Familie merkte 
das Gefallen der Gäste an dem alten Mann, behandelte ihn mit Rück^ 
sicht und ließ ihn ungestört und ungescholten seine Tage hinbringen. 
So kam von außenher alsbald kein Mißlaut mehr in sein Leben, 
das im ruhigen Gleichmaß ging. Den Frühling sah er, Gottes himm^ 
lische Wärme in bestimmten Abschnitten über die Erde kommen,
	        
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