860 S. Friedfaender • Der Wagföafter det Weft
schieden vertilgtes, aus ihnen gemerztes, rein in sich konzentriertes
Subjekt, ohne genaueste Zentralisation aller wesentlich polaren Inter*
essen, ohne neutralisierteste Beteiligung erreicht man keine reinste
Objektivität, keine exakte Differenzierung.
Diese Abstraktion von Unterschied ist gemeint, aber mißverstanden,
mit jener berüchtigten »Uninteressiertheit« des »reinen Subjekts des
Erkennens«, mit der Abstraktion nicht bloß von den Unterschieden
des Interesses, sondern vom Interesse selbst. Auf den Gipfel kommt
das Mißverständnis durch Leute, die ihr Interesse und folglich ihre
Objektivität verdünnen, durch dünne Leute, die den magnetischen
Witz ihres Interesses nicht merken. Als ob, ohne konzentriertes
Interesse, sich überhaupt etwas erleben ließe! Das Interesse ist so
wenig totzukriegen {obgleich dünn zu kriegen), daß gerade sein »Tod«
vielmehr das Zentrum seiner Geteiltheit ist und es zur Unteilbarkeit
wieder auffrischt.
Welche Verwechslungen! Welche Verkennung, daß gerade der
Mensch der intensivsten Interessiertheit, z. B. der Künstler, nur da*
durch so objektiv ist, daß er das intensivste, unzerreißbarste Subjekt
hat. Die sogenannte Indifferenz des Subjekts, die sogenannte Neu*
tralität und Unparteilichkeit ist von der echten so verschieden, wie
ein geschwächter Magnet vom kräftigsten. Davon abgesehen, daß sie
in den meisten Fällen Heuchelei ist,- man stellt sich unparteiisch, wo
man, Parteilichkeit zu verbergen, Gründe hat. Es ist ein ähnliches
Mißverständnis, wenn man »gleichgültig« im geringschätzigen Sinne
von »schnuppe« gebraucht. Gewiß kann einem alles »egal« sein, wenn
man die Unterschiede von ihrem Zentrum aus erlebt,- sonst ist das
aber ein viel zu gutes Wort für diese schlechte Sache, daß man sehr
wenig, daß man matt interessiert ist und eben nicht absolut neutral,
zentral. Gleichgültig sollte dann lieber »gleich wenig« gültig heißen,
an diesem Wortschlendrian verrät sich der Schlendrian der Person.
Eine wie Bismarck so sehr in sich zentrierte Person konnte vom
Gefühl »absoluter Wurschtigkeit« reden und noch mit diesem Ton*
fall zum Verräter ihres Mangels werden. Es fehlt, wo man davon
in solchem Tone spricht, die erste und letzte Ausgeglichenheit.
Ein Skeptiker muß das Zuviel vermeiden, er muß stimmen, neutral
sein,- das Verehren muß ihm genau so naheliegen, wie die »Schnuppig*