Volltext: Der Ararat : Glossen, Skizzen und Notizen zur Neuen Kunst (1(1920),11/12)

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Museums-Politik entstand, die »Vereinigung für Neue Kunst«, an der nötigen Energie fehlen 
lassen,- sie bradhte keine Ausstellungen 1 ) zustande und hat ihrer aufklärenden Arbeit, die sie 
schwächlich in Angriff nahm, nicht den nötigen Resonanzboden geschaffen. 
Die Presse nimmt seit geraumer Zeit in ihren fortschrittlichen Organen wesentlich freundlicher 
Stellung zur modernen Kunst, als das Publikum. Die Kritiken des »Leipziger Tageblattes« 
<0. Holtze) und der »Leipziger Zeitung« <ganz vorzüglich hier: L. E. Redslob) sind Verständnis^ 
voll und fördernd. Leider folgt der Kritiker der »Leipziger Neuesten Nachrichten« <E. Delpy) 
zumeist einer Kunstauffassung, die dem Leipzigertum <s. oben) durchaus angemessen, innerlich 
homogen ist, —■ also anti-modern. 
Die Kunst-Salons Leipzigs passen sich den Bedürfnissen ihres Publikums in engster Weise 
an, nirgends findet man Sinn für den Geist der Modernen, ganz zu schweigen von propagan^ 
distischer oder auch nur fördernder Tätigkeit. 
Gelegenheit zur Betrachtung moderner Arbeiten bietet allein die jährliche Ausstellung der LI A 
<Leipz. Jahresausstellung), die wenigstens fragmentarisch mit auswärtigen Größen bekannt 
macht. Aber die Kürze der Dauer ihrer Veranstaltungen vermindert ihre Wirksamkeit. Und 
der Mangel an rednerischer Aufklärung, die für diese Vereinigung ebenso wie für die gelegent 
lichen sonstigen kleinen Ausstellungen Neuer Kunstbeispiele charakteristisch ist, läßt das Publikum 
den neuen Erscheinungen gegenüber völlig hilflos. Und doch sollten die modern gesinnten Kreise 
aus den Vorbildern Halles, Jenas usw. die Lehre entnehmen, daß eine intensive Vortragstätigkeit 
die veraltete Kunstauffassung zu überwinden fähig ist,- das Wort macht zunächst lebendig und 
bahnt den Weg zum Verständnis, das dann zum Erwerb und zur innigeren Liebe führt! 
Sammler moderner Kunstdinge kommen bei diesem Tatbestände mangelnder Ausstellungen, 
Vorträge usw., nicht auf ihre Rechnung, niemand fühlt sich zum Sammeln verpflichtet oder auch 
nur angeregt. So ist's nicht verwunderlich, daß ein Pechstein^Sammler <Dr. L.) Leipzig verließ 
<vor kurzer Zeit) und daß sonst nur ein einziger ernsthafter Sammler, vorwiegend der Arbeiten 
Schmidt^Rottluffs und Noldes, <Dr. P.) mir bekannt geworden ist. 
In Summa kann man die Situation der Neuen Kunst in Leipzig dahin kennzeichnen, daß der 
Expressionismus sich gegen Publikum, Museumsleitung und einen einflußreichen Kritiker durch 
setzen muß. Die guten Erfolge der gegenwärtigen LIA und die Stimmung der jungen Generation 
sind aber wohl die Vorboten einer baldigen Besserung, zum mindesten wecken sie solche be 
gründete Hoffnung. 
Dr. Eckart v. Sydow. 
<Die Fortsetzung dieser Rundfrage erscheint im Januarheft des zweiten Jahrganges.) 
*> Außer einer kleinen Pechsteinschau.
	        
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