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Musterknabe, um es einem seiner Mitschüler, einem nachmals be
rühmten Philosophen und späteren Großdadaisten gleich zu tun,
der von der Tertia ab einfach aus jeder Schule, auch aus Privat
anstalten hinausflog wegen seines renitenten Betragens, Anstif
tung der Mitschüler zur Onanie und wegen versuchter Brandstif
tung im Schulkeller.
Als Belohnung nun sandte Kutschenbauch senior unseren
Adolf auf 8 Tage zu Verwandten nach Berlin. Dort fand er in dem
etwas schweinischen, dunkelhaarigen Vetter eine gleichgestimmte
Seele, nur daß unser Vetter dem Adolf schon im Punkte Weiber
kneipe voraus war. Der junge Kutschenbauch mußte natürlich
baldmöglichst in so ein Lokal, um endlich durch Augenschein zu
erfahren, was unter Frauenröcken sich verbirgt. Man ging also,
den Hausschlüssel in der Tasche, nach der Steinmetzstraße.
Es war ein dumpfiger Sommerabend so gegen 9 Uhr im An
fang August, die Straßen in der Gegend waren staubig, die Be
leuchtung mäßig (es war um 1900) die Häuser altmodisch, mit er
leuchteten Haustoren, im Kellergeschoß Läden, in denen Grün
kram, Plunder, Bettfedern und Schuhmacherbetriebe untergebracht
waren. Manchmal hatte ein Haus eine rote, geheimnisvolle La
terne, 5 bis 6 Stufen führten an einem kleinen, mit einem Weißbier
glas verhängten Schaufenster vorbei, hinein in die Gaststube der
Kneipe. In eins dieser Lokale führte unsere zwei Jünglinge der
Weg.
Man hatte sich natürlich vorher erst einige Tage kritisch unter
sucht. Nach der ersten Bekanntschaft, und nachdem alles abgetan
war, in Beziehung auf Schule, Lehrer, Streiche, die man diesen ge
spielt, alle Neigungen, wie Schmetterlings- Käfer- sowie Briefmar
kensammeln war man über kühne Hypothesen betreffs der bekömm
lichen Menge Bieres sowie der bestrauchbaren Anzahl Zigaretten
endlich bei den Geheimnissen der Geschlechtlichkeit angekommen.
Und hier zeigte sich, daß Adolf dem Vetter wissenschaftlich,
theoretisch überlegen war, und ihm manche Ratschläge geben konnte,
daß aber unser Vetter schon Umgang mit einigen Dienstmädchen
genossen hatte, und nun als richtiger Mann und Weiberheld sich
praktisch dem Gothaer überlegen fühlte, der außer seiner Onanie
nichts weiter aufweisen konnte, als daß er ein- oder zweimal nach