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Tage werden. Nachdem er durch den Vetter noch einige praktische
Verhaltungsmaßregeln erhalten hatte, begaben sich beide nach der
Bülowstraße, unter die damals neu erbaute Hochbahn, wo sie nach
einigem Promenieren ein Mädchen von etwa 18 Jahren, kecken
Aussehens, blond, mit sehr sinnlichem Mund und einer fröhlichen
Stupsnase ansprachen. Nach des Vetters Beispiel nahm sich Adolf
Kutschenbauch den Mut, das Mädchen um den Leib zu fassen.
Dieser gefiel das schüchtern-täppische Wesen Adolfs besser als
die Prahlereien des Vetters, und sie, die wohl solche Herrchen ge
nügend genossen haben mochte, doch ahnend, daß sie dem Pro
vinzialen als anbetungswürdiges Ideal erschien, drückte sich nach
kurzer Zeit mit diesem in die Büsche, d. h. in ein Laubengelände
der jetzt völlig bebauten Hohenstaufen- und Martin Lutherstraße.
Und dort, im Dunkel des Abends, zwischen verlassenen Lauben
gängen stehend, wurde Adolf endlich in die Fleischeslust praktisch
eingeWeiht (kann man sagen), wobei er sich wunderte, daß alles
so selbstverständlich vor sich ging.
Doch konnte unser Jüngling sich nicht beklagen, das Mäd
chen war stramm und die Unberührtheit Adolfs machte ihn ihr
schmackhafter, sodaß der Fortfall an idealer Schwärmerei sogar
für eine Natur wie es der junge Kutschenbauch war, einen Vorteil
bedeutete, denn er sah sich auf einmal Sieger über einen erfahrenen
Konkurrenten, und dies stärkt das Selbstbewußtsein und die Gesund
heit mehr als alle möglichen moralischen Aufmunterungen. Nach
dem sich der nunmehr männliche Kutschenbauch genügend ver
ausgabt hatte, begab man sich nach seinen Wohnungen, und traf
vorher Verabredungen für die nächsten Tage. Adolf war sehr be
friedigt.
Hier nun trat eine Aenderung im Leben und im Aussehen
unseres Helden ein. Er veränderte sich zu seinem Vorteile, und
wenn man ihn auch nicht gerade hübsch nennen konnte, so war
er doch ganz ansehnlich geworden. — Vor allem hatte er so etwas
bestimmtes um die Augen und Mund herum bekommen. Dieser
Veränderung zu Besseren entsprach eine lebhaftere Hinneigung zu
Sport und körperlicher Betätigung. Er erhielt ein Fahrrad, das er
viel benützte, im Winter wurde gerodelt und Skier gelaufen. Es
paßte dies alles seinem Vater nur halb, der hätte lieber den früheren