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stand mit übergeschlagenen Beinen, rauchte 
eine Maryland (Marylands wurden von Cal 
lius mit einiger Lebensgefahr beschafft — 
aber man tat viel, um den Kleinen bei guter 
Laune zu erhalten) und lächelte, lächelte 
ein so verflucht malitiöses Lächeln, daß Bil 
lig von allen Erinnerungen an die traditio 
nellen Schlechtigkeiten der Japaner befallen 
wurde, schnell retirierte und verschwand. 
Von weitem hörte man noch den kleinen 
Affen lachen: Hihihi! „Es berührt dich selt 
sam, Billig,“ sagte sich Billig, „wie feind 
selig und vollgeladen mit Ekel und Wut 
alle diese 
kahaschi e_ 
sali, und er hat oft von mir fünf Mark als 
OJJipr war Ta- 
ilem Tatter- 
eifie frate Hand auf* die S 
mr nSpracSne 
des Gesetzes“ — aber es war Callius, der 
sonnenüberströmt, mit einem knalligen 
Bouquet im ! Knopfloch, mit fabelhaft grauen 
Hosen und einem grauen Zylinder, der auf 
allen Sportplätzen Old Englands Aufsehen 
erregt hatte, — auf Billig von hinten zu 
kam. „Haben Sie Anny schon gesehen?“ 
fragte er mit einer erstaunlichen Sicherheit. 
„Wie weltgewandt und fröhlich Sie sind,“ 
sagte der olle ehrliche und sentimentale Bil 
lig, der sich aller Qualen, Hindernisse und 
Geständnisse entsann, die ihn am Ende nach 
Hoppegarten geführt hatten. „Ich werde 
Ihnen Anny zeigen — Sie werden sehen, in 
welcher Form sie ist.“ Man trat in den 
Stall, in dem sich die Jungen am Boden 
und im Geschirr zu tun machten. Es 
herrschte hier eine Luft wie in einem Ge 
wächshaus. An den schweren Bohlen qualm 
ten Petroleumlampen. „Hier sehen Sie,“ 
sagte Callius. Der Triumph brach in seiner 
Stimme aus und die Röte kroch von sei 
nen Wangen um Schläfe und Haar. Das war 
in der Tat ein Pferd, wie man es selten 
sieht, ein Goldfuchs, an dem jeder Muskel 
gespannt war, mit einem' Hals, der in sei 
ner Linie an den Stengel großer tropischer 
Blumen erinnerte, mit Fesseln, so fein und 
zierlich, wie an einem Nürnberger Kinder 
spielzeug. Aber die Wut saß in den Augen 
und Nüstern. „Haben Sie mal gesehen,“ 
fragte Callius, „wenn ein solches Tier an 
fängt zu galoppieren? Es wirft den Hals 
gegen den Wind wie eine Leine, die Brust 
steigt wie ein Schiffsbug, den eine schwere 
Welle trifft. Es ist unerhört, mit welcher 
Energie es den Kampf mit der Luft auf 
nimmt. Mühelos geht alles vor sich, als 
sei dieser Aufwand nur ein Vorwand — 
vielleicht läuft er gar nicht, werden Sie den 
ken, mein Lieber — vielleicht rattert die 
Erde unter ihm 1 in entgegengesetzter Rich 
tung. — Er tänzelt nur, um die Balance zu 
halten.“ Billig fand: Pferde sind den Men 
schen viel ähnlicher als Affen — indem er 
an Takahaschi dachte. „Ja — o ja (Callius 
begeisterte sich wieder. Zerrte dabei an sei 
nem französischen Spitzbart), man muß 
Pferde sterben gesehen haben. Es ist ähn 
lich, wie wenn man den Wert eines Men 
schen danach beurteilen kann, ob er sich 
gut bei seinem Tode benimmt. Pferde ster 
ben wie wahre Helden — es ist außerordent 
lich.“ Billig dachte an Schinder, Schlacht 
haus und Pferdewurst. Die Stimmung war 
ihm plötzlich verdorben. Er erinnerte sich 
der Därme, die er in Madrid und Barcelona 
aus dem Baach fle» Pferde ahängea f>ah. 
Er hörte jhftjir sich einen leichten Schritt, 
undTra \rprobte, es ^erTÄcffÄscIfif faßte 
Stirnifte ab^febefl wollt Die Luft 
wurde aber in “edenklicher Weise schwe 
rer — ein Gewitter begann sich auf der Haut 
zu entladen, ehe es seine elementaren Eigen 
schaften sehen ließ. Der Geruch nahm plötz 
lich überhand — ein Blumenduft, so inten 
siv, daß man nicht mehr zweifeln konnte, 
eine Gärtnerei sei in der Nähe. Dann aber 
fühlte Billig, noch ehe er sich umdrehte, daß 
die ganze Kalkulation falsch gewesen sei. 
Ganze Philosophien und ihre Kombinationen 
stürzten zusammen. Es war eine Minute der 
angenehmsten Katastrophen. Man roch 
Haut, überdeckten Schweiß, Animalität jeder 
Art und parfümierte Wäsche. Es war zwei 
fellos eine Frau in der Nähe. „Ah, Mar 
got!“ schrie jetzt Callius, der seine Begei 
sterung forcierte, „was für eine außerordent 
liche und freudige Überraschung, daß du 
kommst, und daß du noch hier in den Stall 
kommst, um mich bei meiner Arbeit aufzu 
suchen.“ Dabei faltete er sorgfältig die sanft 
violettgefärbten Handschuhe in seiner linken 
Hand. Er heftete die Brillantkrawattennadel 
tiefer und seine Finger strichen als Schatten 
über die stechend weiße Ebene des Hemdes. 
Margot lächelte die Zusammenkunft ein. Sie 
kommt und geht mit einem Lächeln, inaugu 
riert Familienereignisse, gebiert und stirbt
	        
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