Ein Russe, ein Flame und ein alemannischer Schweizer, die beiden ersten
zwischen sechzig und siebzig, der Schweizer eben knapp vierzigjährig, treten
vor uns mit ihrer Auffassung von bildender Kunst, deren Benennung und
Wertung für manchen Kunstfreund immer noch nicht außer jeder Diskussion
steht.
Genau vor zwanzig Jahren, im Oktober/November 1929, vereinigte das
Zürcher Kunsthaus als Ergänzung zu seiner internationalen Ausstellung von
1925, wieder im internationalen Rahmen, «eine Auswahl sogenannter un-
gegenständlicher Gemälde und Skulpturen» und gab ihnen zum Geleit die
Worte:
«Noch nicht sehr weit verbreitet, aber seit den ersten Jahren des neuen
Jahrhunderts in verschiedenen Zentren lebhaft vertreten und gepflegt,
gehört die ungegenständliche Malerei und Plastik zum Gesamtbild der
heutigen Kunst. Ihre Freunde sehen in ihr überhaupt den wesentlichen
Teil und lebendigen Kern der Kunst der Gegenwart und die Grundlage
für die Kunst der nächsten Zukunft.»
Als seine besondere Aufgabe hatte das Kunsthaus sich vorgenommen,
«mit einer knappen Auswahl von charakteristischen Arbeiten die Begrün-
der und Führer der Bewegung zu vereinigen, die mit Vermeidung der
imitativen Wiedergabe des unmittelbar Sichtbaren, Kunstwerke schafft,
die nicht von ihrer gegenständlichen Bedeutung oder dem sinnlichen Reiz
des Materials leben, sondern von der eigenen inneren Spannung ihrer
Farb- und Raumwerte und deren tieferer seelischer Bedeutung.»
Von dieser Formulierung erklärte damals Kandinsky, der mit Klee von Dessau
her gekommen war, wie Delaunay, L6ger, Lipschitz, Picasso und Mondrian
aus Paris, sich sehr befriedigt, sie entspreche seinem eigenen künstlerischen
Prinzip. In vorderster Reihe standen als Plastiker in jener Ausstellung auch
schon Pevsner und Vantongerloo.
Bald glaubte man, zu den «verschiedenen Zentren» der einstweilen als
«abstrakt» umschriebenen Kunstform auch die Schweiz zählen zu dürfen. Im
Sommer 1936 zeigte das Zürcher Kunsthaus die Ausstellung «Zeitprobleme in
der Schweizer Malerei und Plastik». Hier tritt neben dem Schriftsteller
S. Giedion nun der Künstler und auch Schriftsteller Max Bill ins Licht. Noch