lichte und erleuchtete Kunst, in der sich die Formenwelt des Brunelleschi und des
Masaccio in sonniger Heiterkeit verklärt, verbindet in einmaliger Weise kristall-
lautere Durchsichtigkeit mit wärmstem Gefühl.
610 MARIA MIT DEM KIND UND ENGELN
Holz 28X 32
Bergamo, Galleria dell’Accademia Carrara, Lochis, Nr. 324
Das entzückende kleine Bild wirkt beinahe wie Miniaturmalerei. Bezeichnend für Fra Angelico
ist das reine Blau des Madonnenmantels mit seinen fließenden Saumlinien, die noch an Lorenzo
Monaco erinnern, sowie das damastene, goldverzierte Tuch, das die Engel vor der dahinter-
liegenden Hecke ausbreiten. Dem Meister als eigenhändig zugeschrieben von Morassi (213,
S. 36), während es Van Marle für eine Schülerarbeit hält.
Fra Filippo Lippi
Geboren 1406 in Florenz, gestorben 1469 in Spoleto. Nach einer Lehre bei Lorenzo Monaco
schloß er sich in seiner Jugend Masaccio, dann Fra Angelico an, gelangte jedoch von der
ernsten Würde des einen und der religiösen Reinheit des andern zu einer der Erde näheren,
gefühlsmäßig aufgelockerten Malerei. In seinen Werken, unter denen die Fresken im Dom
von Prato hervorragen, erscheint eine jugendfrische Menschheit voll Leben und bewegter
Empfindung. Sie bereiten darin die Kunst des späteren Quattrocento vor. Die Linie ge-
winnt bei Lippi jene Fähigkeit, plastische Form auszudrücken, die bei Pollaiolo und in
gewisser Beziehung auch bei Botticelli wieder erscheint.
611 MARIA MIT DEM KIND, ENGELN UND DEN HEILIGEN ANNA,
DOMINIKUS UND PETRUS MARTYR
Holz 168 X 85
Mailand, Civico Museo d’arte del Castello Sforzesco
Früher in der Sammlung Trivulzio, wohin das Bild, das sehr wahrscheinlich für eine Domini-
kanerkirche gemalt wurde, aus der Sammlung Rinuecini in Florenz gelangte. Das eigenartige
Werk, ungewöhnlich schon durch sein im Quattrocento sonst kaum so vorkommendes Format,
galt früher als Filippo Lippi, wurde dann aber wegen seiner realistischen Herbheit eine
Zeitlang der Schule desselben zugewiesen; so noch von Van Marle (201, Bd. X, 8. 466). Erst
als sich die Forschung näher mit den Frühwerken des Künstlers zu beschäftigen begann und
vor allem im Vergleich mit dem von Vasari erwähnten Fresko mit der Reform der Karmeliter-
regel im Kreuzgang von S. Maria del Carmine in Florenz wurde klar, daß das Bild als wichtiges
Jugendwerk dem Meister selber gehört (Salmi, 285, S. 9 f£f.; Oertel, 232, S. 11 ff., 63).
Um die Madonna drängen sich die sechs Engel zu einem Halbkreis, in einer Anordnung, die
an Masacecios Zinsgroschen erinnert. Die knienden Heiligen, eigentümlich der Kindlichkeit der
Engel angeglichen, sind in die breitgelagerte Architektur der Gruppe einbezogen. Die Stufen-
leiter der hellen Farbtöne und die fast schwerfällige Plastizität der Gestalten erinnern eben-
215