Nach Berenson (33, S. 106, 522) würden dem ersten die Engel um die Muttergottes, die sechs
Heiligen rechts und in der Predella die Geburt Christi und die Kreuzigung zukommen, Butinone
aber vor allem die Köpfe der Maria, des Kindes und des Hl. Martin, die sechs Heiligen links,
die Auferstehung und die Kirchenväter. Diese Auffassung teilt im Prinzip auch Salmi (283,
S. 413), der sich aber vorbehält, dem Zenale die Geburt Christi in der Predella an Stelle der
Auferstehung zuzuschreiben. Ferner gibt er dem Butinone die ganze Martinserzählung. Das
Mittelstück mit der Muttergottes hält auch er für eine Gemeinschaftsarbeit; die an Leonardo
gemahnende Modellierung des Kindes wäre dann von Zenales Hand.
Was nun den ganzen Altar anbelangt, der sicher Mantegnas Altarwerk in S. Zeno in Verona
zum Vorbild hat, so scheint die einheitliche, reiche Goldverzierung und der bei spätgotischen
Altären der Lombardei übliche Prunk des Gesamtaufbaus ein Werk des Zenale. Dazu gehört
auch der weltliche Zug in den modisch gekleideten heiligen Frauen links: es sind lombardische
Schönheiten, die im zierlichen Gitterwerk der goldenen Architektur wie in einem Schmuck-
kästchen stehen. Der Rahmen in seiner feingliedrigeren Eleganz entspricht dem dekorativen
Geschmack des Amedeo.
Ambrogio da Fossano, genannt Il Bergognone
Lombardischer Maler, geboren um 1450l60, gestorben wenig nach 1522, Schüler des
Foppa, verrät er in seinen frühen Bildern Kenntnis provenzalischer und flandrischer
Meister. Seine fruchtbare Tätigkeit galt vor allem der Certosa di Pavia und den Kirchen
von Pavia, Lodi, Bergamo und Mailand und läßt ihn als den reinsten Vertreter der
ruhig-heitern Gesetztheit lombardischer Religiosität erscheinen. Die Anwesenheit Bra-
mantes in Mailand verlieh seinen Werken einen reinen architektonischen Klang, wäh-
rend in den Ausschnitten ferner Landschaftshintergründe eine zarte Poesie lebendig ist.
Seine beschauliche und überlegte Malerei, deren etwas altertümliche Kompositionsformen
und kostbare Farbklänge in der Berührung mit dem geklärten Realismus Foppas Kraft
gewannen, war zuletzt der sanft-eindringlichen Verführung von Leonardos Kunst nicht
mehr gewachsen.
674 MARIA MIT DEM KIND AUF DEM TIIRON ZWISCHEN ENGELN
UND HEILIGEN
Holz 177 x 255
Arona, Chiesa dei SS. Gratiniano e Felino
Die Komposition des Altarbildes für die Kirche von San Pietro in Ciel d’oro in Pavia, heute
in der Ambrosiana, erscheint hier fortgebildet und variiert. Links vom Thron die vier Kirchen-
väter mit einem Andächtigen, rechts die vier Märtyrer, die Schutzheiligen von Arona, Grati-
nian, Feiinus, Carpophorus und Fidelis, Jugendwerk, das nach Zappa (341, S. 54) um 1489
datiert werden kaun.
Ausgestellt in Turin, 1939, an der Mostra del Gotico e Rinaseimento in Piemonte (322, S. 53
und Tafel 29).
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