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Die Schriften von Georges Rouault sind Betrachtungen und
Auseinandersetzungen über sich selber, mit seiner Kunst, Zwie-
sprache mit seiner Umwelt von Zeit- und Berufsgenossen. Sie
erscheinen, nicht sehr zahlreich, seit 1916 da und dort in Zeit-
schriften und neben Texten Anderer in Bücher eingestreut; wie
als besondere Veröffentlichungen. Ihr Klang ist stark lyrisch,
ihre Ideen- und Bewußtseins-Substanz die des gebildeten Euro-
päers in der Verkörperung durch einen bildenden Künstler und
Franzosen. Das Gustave Moreau eigentümliche Bemühen um
Vermählung von Humanismus — oder Klassik — mit Romantik,
— das wie ein Echo oder Wiederschein des zweiten «Faust» an-
muten könnte, — hat auch in Rouault Wurzel geschlagen und
bringt im Dichter und Schriftsteller sichtbare Frucht, beim
Maler nicht.
In den einstweilen zugänglichen Splittern aus seinem litera-
rischen Werk wiederholt Rouault gelegentlich sich, doch nicht
so oft, wie es scheinen möchte, wenn die Aufsätze und Bücher
über ihn bis jetzt eben nur die gleichen, verhältnismäßig weni-
gen Ausschnitte wiederholen. Ein schweizerischer Philologe
öffnet uns in zwanzig Seiten Einführung zu den « Soliloques »
den Weg zum Schriftsteller Rouault, den über dem Maler
niemand künftig mehr wird vergessen können.
Die 150 Seiten Betrachtungen und Gedichte «Soliloques>»
haben Claude Roulet und der Künstler einem Paket von 1200
Blättern entnommen, das einem Wandschrank voll weiterer ähn-
licher, schwerer Pakete entstammt — täglicher Aufzeichnungen
und Aeußerungen, Gespräche in die Nacht hinaus — aus drei
Jahrzehnten, und einer kleineren Gruppe von 250 Blättern. Mit
wissenschaftlicher Beflissenheit untersucht der Herausgeber Be-
deutung und Gewicht dieses literarischen Werkes, seine Formen
und seinen Ort in der französischen Literatur unserer Zeit. Die
Aufgabe ist schwer, die Lösung von der nur literarischen Kritik
her unvollständig: Einreihen läßt sich Rouault nicht.
Man mag sich gegenwärtig halten, daß Gustave Moreau
neben Leconte de Lisle und Baudelaire jung gewesen ist, und