An den Präsidenten der Zürcher Kunstgesellschaft,
Herrn Dr. Franz Meyer Zürich
Sehr geehrter Herr,
Ihrer liebenswürdigen Aufforderung, Ihnen über mein
Verhältnis zu den Bildern und zur Person des Hokusai ein
paar Worte zukommen zu lassen, damit die Ausstellung
dieser Auffassung etwas Rechnung tragen kann, komme
ich selbstverständlich gerne nach.
Hokusai ist ein alter Freund von mir, sind doch schon
s2 Jahre vergangen, seit die unbeholfene Hand des Kna-
ben sich mühte, den Eltern auf Weihnachten den «Suwa-
see» aus den 36 Fujilandschaften zu kopieren. Und mir
scheint, als ob ich seit jenen Tagen der Kindheit nie mehr
so ganz von Hokusai losgekommen wäre. Trotzdem wird
es mir kaum gelingen, ein abgerundetes Bild dieser unwahr-
scheinlichen Gestalt zu geben, oder gar sein Werk zu um-
schreiben. Haben Sie, geehrter Herr Doktor, daran ge-
dacht, daß des Titanen Werk über 35 0ooo Bilder regi-
striert. Ist es den zünftigen Biographen bisher nicht gelun-
gen, den schon zu Lebzeiten legendär gewordenen Künstler
klar zu erfassen, wie soll da ein Laie damit fertig werden.
Ich muß Sie darum schon um Nachsicht bitten. Was ich
Ihnen zu beschreiben vermag, ist nicht Hokusai, sondern
mein Hokusai, so wie ich ihn sehe und wie ich ihn auch
gerne von andern gesehen haben möchte.
In einem entlegenen Außenquartier Yedos, in Honjo
im ländlichen Distrikt Katsushika, wo sich die armseligen
Häuschen der Handwerker und Kleinhändler zu lichten
beginnen, lag die Geburtsstätte Hokusais. Hier in der Vor-
stadt lebte und starb er, ein Kind des einfachen Volkes, das
er mit heißem Herzen geliebt und durch seine Kunst un-
sterblich gemacht hat. Sein Vater war Nakajima Ise, Spie-
gelgießer von Beruf; seine Mutter stammte aus dem Hause
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