Full text: Gedächtnis-Ausstellung Hans Sturzenegger - 1875 - 1943

sich Jacob Burckhardt zeitlebens als Basler empfand, so wies 
doch alles an ihm hinaus über den dritten Stand, dem er ange- 
hörte, und hinein in die Welt des Edelmannes, der angeborenen 
Nobilität. Dieses Edelmännische, das durch sein bloßes Dasein 
schon wirksam ist und den üblichen Typus des menschlichen 
Massenfabrikates sofort und überall weit hinter sich läßt, wo 
es sich zeigt, war ein unabtrennbarer Zug seines Wesens, der 
bei allen Gelegenheiten hervortrat. 
Schon äußerlich, selbst noch unter seinesgleichen, hat er 
gewirkt wie ein Fürst, allerdings wie ein Fürst aus einem ihrer 
eigenen Geschlechter. Ich habe Sturzenegger erst kennen- 
gelernt, als er bereits in der Vollkraft der Jahre stand, auch in 
der Vollkraft des Schaffens, mit einer jungen blühenden Frau 
an der Seite, und seine Persönlichkeit schon so ausgeformt war, 
daß er auch als Maler um Anerkennung kaum mehr zu kämpfen 
brauchte. Wie ein Urbild männlichen Adels und unzerstörbarer 
Vitalität ist er mir damals entgegengetreten, sehr stattlich, sehr 
selbstsicher und sehr gepflegt in der Erscheinung, ein Mensch, 
wie geschaffen, um allen Anfechtungen des Daseins zu trotzen 
und aus jeder Schlacht unerschüttert hervorzugehen — nicht 
umsonst hat ihn seine Frau ihren Felsen genannt! Sie wußte 
damals noch nicht, wie erschütternd schön dieses Wort in ihrer 
langen bitteren Leidenszeit, bald nachher schon, sich bewahr- 
heiten sollte... Selbst noch im Menschengewimmel des Zürcher 
Straßenbildes fiel er durch seine große stolze Erscheinung und 
seinen festen aufrechten Gang ganz unmittelbar in die Augen 
und wirkte so stark, daß mancher zuerst gar nicht an einen 
Schweizer dachte, wenn er ihn sah. Man dachte an einen Kau- 
kasier. einen Lothringer, einen Holländer, einen schottischen 
Landedelmann. Man hätte ihn sich auch ganz gut im Kilt denken 
können, dem kurzen Schottenrock, mit einem bunten wollenen 
Schal auf der Schulter, in dicken Wadenstrümpfen und kurzen 
Gamaschen darüber. Das Röckchen, in dem unsereiner lächer- 
lich wirkte, hätte das Bild seiner ausgesprochenen Männlichkeit 
nur noch erhöht. 
Diese Kraft und Nobilität waren etwas ganz Ungesuchtes. 
Sie waren ihm in die Wiege gelegt wie seine blauen Augen, 
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