HIROSHIGE
Als der im Jahre 1797 in Yedo geborene Tokitaro Ando
bei der Malersippe Utagawa seine Meisterprüfung mit Er-
folg bestanden hatte — es war dies am 9. März 1812 — erhielt
er den Künstlernamen Utagawa Hiroshige.
Daß das erst ı5jährige Genie berufen war, Europas
Kunst so reich zu befruchten und der ganzen Welt den
Weg zum Verständnis östlicher Kunst zu öffnen, ahnten
damals wohl weder Lehrer noch Mitschüler.
Hiroshiges Leben, das mitten in eine Periode des sozialen
Umsturzes fiel, ist sehr schwer zu erfassen, da die Promi-
nenten seiner Zeit an dem Maler vorbeigingen als an einem
Umstürzler und Revolutionär. Des Malens würdig war
einzig der Mensch erklärt und die Landschaft durfte nur
als Hintergrund, als Staffage dienen. Eine Würdigung von
Hiroshiges Malkunst aus der Zeit ist nicht bekannt, und
nur ein Zufall könnte ein solches Dokument, nach wel-
chem in Japan seit Jahren vergeblich gesucht wird, zutage
fördern. Dagegen hatte Hiroshige als Dichter in seiner Zeit
große Erfolge unter dem Pseudonym «Tokaido Utashige».
Tokitaro Ando wurde als Sohn des Tokuaki Tanaka ge-
boren. Sein Großvater war Meister der Bogenschützen am
Hofe und hieß Tokuyemon Tanaka. Die Tanakas waren
ein altes Geschlecht, das dem Lande eine Reihe tüchtiger
Krieger gab. Tokuaki Tanaka, Hiroshiges Vater, wurde
später von der Familie Genyemon Ando adoptiert und hieß
darum bei der Geburt seines Sohnes Ando.
Die Jugendzeit verlebte Tokitaro Ando in Yedo haupt-
sächlich am Wasser bei Yayesugashi, wo die Feuerwehrbri-
gade Yedos ihr Quartier hatte und wo sein Vater Offizier
der Feuerpolizei war. Diese Zunft der Feuerpolizei, genannt
hikeshi doshin, spielte im Leben des Künstlers eine wichtige
Rolle. In dem damals noch waltenden Tokugawa-Regi-
ment, 1603 bis 1867 war das Bürgertum peinlich genau
klassiert und mit Pflichten und Rechten versehen. Die hi-
keshi doshin oder Feuerpolizei war eine Art Zunft, deren