Full text: Johann Heinrich Füssli

sorgfältig dokumentiert die vom Lesezirkel Hottingen besorgte 
verdienstvolle Bodmer-Festschrift von 1900. 
Die Regsamkeit, Entzündbarkeit und bewegliche Vielseitigkeit 
dieses Geistes sind erstaunlich. Das pfarrherrliche Vaterhaus 
in Greifensee entsendet ihn vorerst nach Zürich an das Caro- 
linum, dann, 1718, als künftigen Kaufmann nach Lyon, Lugano, 
Oberitalien. Wie der Jüngling aber nach zwei Jahren wieder 
in der Heimat erscheint, gründet er nicht ein Kontor, sondern 
die „Gesellschaft der Maler", die sich zwei Jahre hindurch 
in den wöchentlichen Heften der „Diskurse der Maler" ver- 
nehmen läßt, jenen merkwürdigen Blättern, die jeden ent- 
täuschen, der auf Neuigkeiten über „peinture” erpicht sie auf- 
schlägt. Es geht darin nicht um bildende Kunst, sondern um 
Literatur. Der etwas schwierige Name der literarischen Gesell- 
schaft und ihrer Hefte wird damit erklärt, daß Bodmer in 
Italien der Malerei als augenfälligstem Ausdruck und als In- 
begriff der Kunst und künstlerischen Empfindens überhaupt 
begegnet und damit zur Ueberzeugung einer allernächsten 
Verwandtschaft, ja Identität von Malerei und Dichtung gelangt 
sei. Solche Anschauungen sind die seines Jahrhunderts. Noch 
40 Jahre später sagt Schiller in der Kritik seiner „Räuber”, 
es habe „sein Pinsel” die mittlere Linie zwischen Engel und 
Teufel verfehlt, und über seinen „Fiesco", er sei „ein grobes 
Gemälde” des wirkenden und gestürzten Ehrgeizes. Derartige 
Nachbarschaft darf umgekehrt Füßli anrufen und sich gegen- 
über dem Vorwurf all zu enger Verbindung von Dichtkunst 
und Malerei in seinen Bildern entlastet fühlen. 
Das Verzeichnis der literarisch-kritischen Aufsätze und Bücher 
von Bodmer, der eigenen poetischen Versuche, Uebersetzun- 
gen und Ausgaben fremder Texte zählt 120 Nummern. Mil 
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