Volltext: Johann Heinrich Füssli

nicht sein Ruhm, so scheint aber doch manches von dessen 
Ursachen auch an uns heranzuzüngeln. Die Versuchung be- 
steht, und da und dort ist ihr auch nachgegeben worden, 
unter dem Anreiz des Entlegenen, halb nur Enthüllten und 
Bekannten sich dem Wesen des Meisters von vornherein zu 
unterwerfen, in seiner von Eigenwillesund Romantik um- 
schleierten Figur sein Werk als deren Ausdruck gewisser- 
maßen unbesehen mitzunehmen. Die Ausstellung fordert 
dazu auf, es zu besehen. Es mag vorerst befremden. Wo wir 
vielleicht gewohnt sind, den Wert im ausgewogenen und 
inaktiven Gleichgewicht von Dingen und Farben zu finden, 
ist Füßli meist „unruhig”. Es rauscht und quillt in seinen 
Bildern, und der Todesernst des Pathos, das Hingeschmolzen- 
sein im Leiden wie die straffende Leidenschaft des Tuns, reicht, 
wie etwa bei Wagner, für den nicht Gutwilligen oder sonst 
Unempfänglichen an die Grenzen des Aergerlichen und 
Lächerlichen. 
Das vielerlei Geschehen, das in den Bildtiteln sich auf einen 
guten Teil der Weltliteratur beruft, hat die Malerei von Füßli 
schon mit dem Vorwurf belastet, daß sie eine Angelegenheit 
und ein Produkt außerkünstlerischen Wissens, vielseitiger 
Belesenheit sei. Diese umspannt aber eben so sehr Formen wie 
Worte. Der Knabe „liest” im Vaterhaus Stimmer und Amman 
in deren Bibel- und Fabelbüchlein, die Schweizer Glasmaler 
in ihren Scheibenrissen, die niederländischen, französischen 
und deutschen Holzschneider und Radierer der Zeit seiner 
Väter; in England „liest” er vorerst Hogarth, in Italien Raffael, 
Michel Angelo, Giulio Romano, Lodovico Carrdei. Er „liest" 
griechische Skulpturen und Vasenzeichnungen, wie Rem- 
brandt, und kennt was seine englischen Kollegen leisten, ge- 
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