nicht sein Ruhm, so scheint aber doch manches von dessen
Ursachen auch an uns heranzuzüngeln. Die Versuchung be-
steht, und da und dort ist ihr auch nachgegeben worden,
unter dem Anreiz des Entlegenen, halb nur Enthüllten und
Bekannten sich dem Wesen des Meisters von vornherein zu
unterwerfen, in seiner von Eigenwillesund Romantik um-
schleierten Figur sein Werk als deren Ausdruck gewisser-
maßen unbesehen mitzunehmen. Die Ausstellung fordert
dazu auf, es zu besehen. Es mag vorerst befremden. Wo wir
vielleicht gewohnt sind, den Wert im ausgewogenen und
inaktiven Gleichgewicht von Dingen und Farben zu finden,
ist Füßli meist „unruhig”. Es rauscht und quillt in seinen
Bildern, und der Todesernst des Pathos, das Hingeschmolzen-
sein im Leiden wie die straffende Leidenschaft des Tuns, reicht,
wie etwa bei Wagner, für den nicht Gutwilligen oder sonst
Unempfänglichen an die Grenzen des Aergerlichen und
Lächerlichen.
Das vielerlei Geschehen, das in den Bildtiteln sich auf einen
guten Teil der Weltliteratur beruft, hat die Malerei von Füßli
schon mit dem Vorwurf belastet, daß sie eine Angelegenheit
und ein Produkt außerkünstlerischen Wissens, vielseitiger
Belesenheit sei. Diese umspannt aber eben so sehr Formen wie
Worte. Der Knabe „liest” im Vaterhaus Stimmer und Amman
in deren Bibel- und Fabelbüchlein, die Schweizer Glasmaler
in ihren Scheibenrissen, die niederländischen, französischen
und deutschen Holzschneider und Radierer der Zeit seiner
Väter; in England „liest” er vorerst Hogarth, in Italien Raffael,
Michel Angelo, Giulio Romano, Lodovico Carrdei. Er „liest"
griechische Skulpturen und Vasenzeichnungen, wie Rem-
brandt, und kennt was seine englischen Kollegen leisten, ge-
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