Ähnlich die Pinselzeichnung, die durch Lavierung größere Stätigkeit,
bildmäßige Flächenlagerung erhält. Farbige Bereicherung der Zeich-
nung ist immer auch Beruhigung, Übergang von geistig erregender
andeutender Zeichenschrift zu vorzugsweise sinnlich wirkender Aus-
breitung. Roger-Marx erinnert daran, wie angespannt Delacroix sich
darum sorgt, daß die Kraft der ersten Vision in der Ausführung des
Bildes nicht gelähmt werde. Deckfarben und Pastell haben nahezu
schon die Schwere und Gebundenheit der Olmalerei.
Das gehorsamste und beweglichste Instrument ist Delacroix der
Bleistift. Er faßt in einem Zug einen Blick, eine Gebärde; ist gefügig
um die Notiz zu einem flächig-malerischen Bildnis zu ergänzen; mit
straffen Strichlagen rundet er plastisch Köpfe und Körper von Tieren
und Menschen; er wird dem Wirbel kämpfender Löwen wie dem Ge-
tümmel aufgeregter Männer gerecht; ein Bildgedanke läßt im Ent-
stehen im leichten Netz zartester Linien sich fangen; die ausgereifte
Komposition bestätigt er endgültig.
Einige Beispiele in der Ausstellung sind: Die versinkende Ophelia,
die Männergruppen für die Zwickelbilder des Palais Bourbon, der in
einem Gewoge von Licht und Dampf über geballte Wolken anstür-
mende Wagen des Apoll, die freundliche Beflissenheit der Barbaren
um den trauernden Ovid, die rächend auf Heliodor und seine bereits
gefällten Diener herabstürzenden Himmelsboten, die schlaffe Last der
ohnmächtigen Rebekka, die ein Krieger auf das stampfende Pferd
reicht. Diese grauen, leichten Bleistiftzeichnungen enthalten oft schon
ganz, was den farbigen Rahmenbildern ihren Wert, den großartigen
Wandbildern ihre Größe gibt.
Wenn schon die Zeichnungen von Delacroix in aller ihrer Hinfällig-
keit und Anspruchslosigkeit nach technischen Mitteln und nach Maßen
so nahe an die « Hauptwerke» heran, ja in sie hinein führen, so verkürzt
U.
18