Full text: Eugène Delacroix - 1798 - 1863

sich die Spanne noch mehr für die in der Ausstellung enthaltenen 
Gemälde. Auch hier mischen sich Vorarbeiten mit « Werken». Bloße 
Übungen, wie etwa die an sich ausgezeichnete männliche Aktstudie 
von 1820 treten bald zurück. Malen um des malens willen wird früh 
schon ersetzt durch malen für das Bild. Dabei ergibt sich aus dem 
gleichartigen Werkzeug, daß die gemalte Studie im unmittelbaren 
Anblick um so viel näher beim endgültigen Werk steht als etwa die 
gezeichnete. 
In den ersten Jahren nach 1820 halten sich die Bilder wie die Ent- 
würfe, so das Mädchen auf dem Friedhof, Der Ball im Hause Capulet, 
Der Bußgang der Jane Shore, in dumpfen Tönen mit eher schwerem 
als besonders temperamentvollem Auftrag. Das schmutzige Braun 
und trübe Blaugrün, das gebrochene Weiß, das fahle Grünlich-grau 
der zweiten Fassung des «Tasso» von 1827 mögen noch aus Sinn 
und Stimmung des Themas entsprungen und aus der ersten Fassung 
von 1824 übernommen sein. 
Sonst zeigt sich der Umbruch zur gleichen Zeit wie bei den Litho- 
graphien im Sitzenden Türken von 1826. Farbe und Handschrift sind hier 
frei, groß, neu. Ein glückliches Schwelgen in der Pracht des Materials 
hebt an, wie in der Frau mit Papagei in ihren leuchtenden Draperien 
und im schwellenden Körper; im Griechenbild von 1827 mit dem 
weißen Hengst mit rotem Zaumzeug, der grünen Jacke des Reiters 
und dem Blau-Rot-Weiß des Schützen; auch die Todesblässe auf 
den Ruinen von Missolunghi ist Licht. 
Eine Synthese der afrikanischen Reise bedeuten Die Frauen von 
Alger; ein scheinbar einfaches Bild in großen Formen, ein Motiv der 
bloßen, ruhenden Existenz; die Farben in breiten, klar abgesetzten 
Flächen, von sanfter Fülle, verhalten, wie die Abgeschlossenheit und 
Heimlichkeit von Raum und Vorgang. Das Gegenspiel dazu die Reiter- 
spiele und die Besessenen von Tanger; von orientalischer Ruhe wieder 
der Kaid von 1837 und die späte Beschwörung afrikanischen Lebens 
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