hatte, muß vorzeitig abgebrochen werden. Aus einer neuen Internierung
in der Anstalt St. Pirminsberg in Pfäfers oberhalb der Taminaschlucht,
gelingt es der Gattin, den immer noch Leidenden loszubitten, um ihn in
einem abseits liegenden Häuschen des Bergdorfes Vättis hinter dem
Calanda in eigene und alleinige Obhut und Pflege zu nehmen. Nach vier
Monaten kommt die Rückkehr nach Stuttgart. Sorgfältigste Behandlung
mit neu gefundenen Gegenmitteln vermag das Leiden zeitweilig zu be-
täuben und in seinen Wirkungen weitgehend auszuschalten, aber nicht
sein Fortschreiten zu verhindern, und angesichts der Gewißheit baldigen
und endgültigen Zurücksinkens in Siechtum und geistige Nacht nimmt
Brühlmann bei klarem Bewußtsein von seinen Nächsten und vom Leben
Abschied und überantwortet sich dem Tod aus eigenem Entschluß.
In Wil, Pfäfers, Vättis und auch noch in Stuttgart hatten Geist und
Hand des Künstlers nur zeitweise geruht. Die rechte Hand versagte, so
brauchte er seit dem Unglück von 1909 ausschließlich die linke. Und wie
befreit von der Gefahr zu leichter Geschicklichkeit spricht er damit in
zwar herberen und oft beinah gewaltsamen Formen, doch ohne jede
Schwächung der Klarheit und Eindringlichkeit des Bildgedankens.
Alles was vor 1903 entstanden ist, hat der Künstler, so weit es ihm
erreichbar wurde, vernichtet. Auch aus späterer Zeit wird immer wieder
von Brandopfern berichtet, die er, unglücklich über seinen Ansprüchen,
nicht genügende Leistung, in seinem Atelier-Ofen veranstaltet habe. Auch
seien nach der glücklichen Vollendung der Pfullinger Wandbilder große
Stapel von Studienzeichnungen und gemalten Skizzen einem Freuden-
feuer übergeben worden. Von den früh in Privatbesitz übergegangenen
Bildern erweisen sich manche als Uebermalungen, andere als von zwei-
seitig bemalter Pappe abgespaltete Folien.
Aus der Frühzeit, die nun mit 1904 beginnt, findet sich in der Aus-
stellung «Der Hirt in Landschaft» als eines der ersten Bilder, in denen,
hier in der Figur des Hirten versteckt, die Braut des Künstlers als Modell
erscheint. Die «Trübe Stimmung» ist das Werk, das Adolf Hölzel bei
seinen Gängen in den Münchner Glaspalast gesucht hat. Die Toggenburger
Landschaft von 1907 ist als Auftrag von Theodor Reinhart entstanden und
hat dem Künstler die erste Reise nach Paris erleichtert.
Im Gesamtwerk lebt Brühlmann als Figurenmaler. In den Gestalten
der Bilder, die vor dem Erscheinen Hölzels liegen, wirkt die ausdrucks-
volle Linie, wie sie steigt, sinkt und den Umriß schließt. Um 1907 wird
die Teilung und Belebung des ganzen Bildes reicher. In die Pfullinger
Wandbilder mischt sich nach der Bekanntschaft mit den großen Wand-
malern in Italien ein wenig vom Erbe Giottos und Masaceios. Das Fresko
an der Erlöserkirche zeigt Brühlmann als Meister auf ganz eigener Spur.
Die Skizzen und Entwürfe in der Ausstellung lassen erkennen, wie er die
von einer Torwölbung und zwei Fenstern unsymmetrisch angeschnittene
= TV
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