Volltext: Marianne von Werefkin 1860-1938, Ottilie W. Roederstein 1859-1937, Hans Brühlmann 1878-1911

und durchbrochene Fläche wie selbstverständlich beruhigt und mit mil- 
der Flächenteilung und Farben füllt, zu allem hohen Gefühlsgehalt der 
Komposition. Die mehrfigurigen Kompositionen in wenig über das Qua- 
drat hinaus verlängerten Vierecken, zu denen die großen Einzelakte 
Uebungen darstellen, sind vor der Beschäftigung mit dem Auftrag für die 
Zürcher Loggia entstanden. Karl Moser hat danach eher den Raum für 
Hans Brühlmann geschaffen, als dieser die Bilder für den Auftrag erst 
suchen müssen. Von traumhafter Sicherheit sind die äußerlich kleinen 
farbigen und gezeichneten Kompositionen von 1910 und 1911, in denen 
die menschlichen Körper in einen voraus-gesehenen tragischen oder 
idyllischen Umriß nachträglich eingeschrieben erscheinen. 
In Paris hat die Berührung mit dem Werk von Cezanne Brühlmann 
nach seinem durch Freunde überlieferten Wort «malen gelehrt». Er sol] 
in der Zeit die Synthese von Cezanne und Hans von Marees gesucht haben. 
Dies kann nur so wenig buchstäblich als irgend möglich genommen wer 
den, nicht als Programm, höchstens als Gleichnis für seine letzten großen 
Wagnisse. Und «malen» mag eher verstanden werden als Gegensatz zu dem 
in der Wandmalerei da gepflogenen Kolorieren, wo eben Inhalt und Größe 
des Bildes völlig in der zeichnerisch-flächigen Komposition ruhen; viel- 
leicht auch als Gegensatz zu den mehr kolorierten als gemalten Land- 
schaften eines Karl Haider und Hans Thoma. Hans Brühlmann hat die 
farbig und formal so widerspenstige schweizerische Mittelland- und Vor- 
alpenlandschaft malerisch bewältigt, in seinen Toggenburger Landschaf- 
ten von 1909. Deutsche Freunde und solche, die über ihn geschrieben 
haben, sind so weit gegangen, überhaupt alle Brühlmann-Landschaften 
als Toggenburger Landschaften anzusprechen. Die Ausstellung stellt hier 
richtig, wo es nötig ist. 
«Gemalt» sind auch die Stilleben. Frau Brühlmann erzählt, wie sie 
die Jahre hindurch sie aus Früchten und Blumen ihm vorbereitet hat, und 
er sie in Pausen zwischen den großen Arbeiten zu malen pflegte. Sie sind 
durchaus glaubhaft als ein entspanntes Sichhingeben an den sinnlich- 
unschuldigen Glanz der Farbe, zeigen aber von Gruppe zu Gruppe wach- 
sende Festigung und Straffung in Klang und Form bis zu abweisend oder 
drohend hintergründiger Spannung und Rücksichtslosigkeit in der 
Spätzeit. 
Der rasche Weg von ernster Anmut zu strenger Größe bis auf die 
Schwelle schmerzvoller oder trostvoller Erhabenheit wirkt am ergreifend- 
sten vielleicht bei der Vertiefung in die Folge der Zeichnungen. 
W. Wartmann 
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