Die Augen des graubärtigen Hodler leuchteten auch in späten Jahren
noch auf, wenn im Kreis von jüngeren die Rede etwa auf Wien kam,
und seine Ausstellung von 1904 im Ehrensaal der Sezession. Wien
hatte den Schweizern den Weg zu dem großen Künstler geöffnet und
diesem den Weg aus hemmender Armut und Enge zu Freiheit und
beflügelndem Ruhm. Von den Bildern, welche die Wiener heute von
ihm sehen, hat keines ihn damals begleitet. Einzig der „„Verwundete
Krieger mit Schwert“, das Probestück bei der ersten Bewerbung für
den „Rückzug von Marignano“‘, ist form- und gesinnungsmäßig
gleicher Art wie die 1904 ausgestellten fertigen Kartons. Die „Winter-
landschaft‘“ zeigt einen bei aller Größe des Vorwurfs eher feinfingrigen
vierunddreißigjährigen Hodler, der „Herbstabend‘“ von 1892 die
Bewußtheit und Strenge des Vierzigjährigen. Jenseit der lyrisch
beschwingten Kompositionen vom Beginn des Jahrhunderts, wie
„Empfindung“, „Bewunderung“‘, „Blick ins Unendliche“‘, „Der Aus-
erwählte“, „Die Wahrheit‘“, „Der Tag“, die alle in Wien vereinigt
waren, stehen, wie die Jungfraulandschaft von ı911, der „Holz-
hauer‘“ und der Karton zur „Schlacht bei Murten‘‘, als Werke harter
Männlichkeitg fast schon von einem Greis geschaffen.
In seiner Heimat hat Hodler eine neue schweizerische Kunst herauf-
geführt, nicht als ein Meister, der Schüler nach seinem Bilde formt,
sondern als Freund, der in jedem das beste Eigene weckt und stärkt,
das er zu geben hat. Man darf sagen, daß Hodlers Freunde nicht seine
Schüler gewesen sind, und könnte fast sagen, seine Schüler, als
formeltreue Nachahmer, nicht seine Freunde. Buri, Boß, Amiet,
Giovanni Gilacometti stellten mit ihm eine junge, hellfarbige schwei-
zerische Malerei vor die erstaunte und dankbare Welt. Noch manche
andere wirkten mit: der Genfer Trachsel, 1929 gestorben, S. Righini,
der seit Jahren sich die Beteiligung an Ausstellungen versagt, und
eine starke Gruppe von weiteren westschweizerischen und deutsch-
schweizerischen Malern. In Wien zeugen auch Franzoni und Her-