wille und das Pathos der Spätgotik, die direkt in das
Barock einzumünden scheint. Freilich liegt dazwischen
eine Spanne von mehr als hundert Jahren, die durch ein
Ueberwiegen vorwiegend italienischer Künstler und durch
schwächliche Nachahmung ihres Stiles charakterisiert ist.
Der Hauptgrund dieser Erschlaffung der Schöpferkraft
eines Volkes ist wohl in den unseligen Glaubenswirren
der Zeit zu suchen, daneben fehlte durch die fort-
währende Bedrohung durch die Türken jenes Gefühl der
Sicherheit, ohne das künstlerische Betätigung nicht denk-
bar ist.
Erst als beide Ursachen wegfielen, waren die Voraus-
setzungen für künstlerische Unternehmungen größten
Stiles wieder gegeben. In rascher Folge ist damals Wien
mit Kirchen und Palästen ausgestattet worden, sind die
großen Abteien neu gebaut oder doch wenigstens voll-
ständig umgebaut worden. Das architektonische Antlitz
auch des heutigen Oesterreichs ist noch immer wesentlich
bestimmt von dem, was damals geschaffen wurde. Es war
von größter Wichtigkeit für die Gestaltung des öster-
reichischen Barocks, daß die Zeit der Gegenreformation
mit ihren seelischen Nöten soweit überwunden war, daß
die Volksseele einheitlich, und zwar, infolge der fast
kreuzzugsähnlichen Stimmung während der Türkenkriege,
im Sinne eines hochgesteigerten religiösen Gefühls rea-
gierte. Nur so läßt sich der unerhört schwungvolle und
zusammenfassende Gestaltungswille der Zeit erklären.
Die Grundlagen des Stils sind italienisch, und fremde
Künstler waren es auch vielfach, die zuerst in Oesterreich
arbeiteten. Aber schon um 1700 war das Fremde voll-
ständig verarbeitet und ein einheitlicher nationaler Stil
geschaffen.
Barocke Kunst ist Gesamtkunst. Malerei und Plastik
sind unlösbar mit dem Raum verbunden, dessen Gestal-
tung der Architekt bestimmt. Jedes Werk klingt nur
dann voll, wenn es mit der Umgebung zusammen gesehen
wird. Diese Einschränkung muß man machen, wenn man
diese Epoche museal darzustellen unternimmt. Dies ist
eigentlich nur mit Tafelbildern, Skizzen, Zeichnung und
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