Full text: Japanische Holzschnitt-Triptychen der Utagawa-Schule

5 Yami-no-Ume; — gez. Ichiyüsai Kuniyoshi gwa Herausgeber: 
Pflaumenblüten bei Nacht Kawaguchi, Sakamotochö 
Die Pflaumenblüte ist der Vorbote des Frühlings, sie entzückt Jahr für Jahr die Herzen 
der Japaner. Der Pflaumenbaum ist ein Sinnbild der Standhaftigkeit, denn er öffnet 
seine Blüten während der kältesten Winterszeit. Er ist seit dem Altertum wohlbekannt, 
dank Sugawara-no-Michizane (8344—903), einem hervorragenden Gelehrten und Staats- 
mann. Dieser machte ein ergreifendes Gedicht auf den Pflaumenbaum in seinem Garten, 
als er wegen falscher Anklage durch seine politischen Rivalen sich nach Kyuüshü in die 
Verbannung begeben mußte, und es geschah das Wunder, daß der Baum mit ihm in die 
Verbannung flüchtete. Als Tenjin oder Gott der Schreibkunst und Literatur genießt er 
heute göttliche Verehrung; daher kommt es, daß um jeden ihm zu Ehren errichteten 
Shinto-Altar oder in dessen Vorhof Pflaumenbäume stehen. 
In einem Nachtbild stehen drei Frauen in Aussehen und Haltung von Geishas in Bewun- 
derung vor blühenden Pflaumenbäumen. In Rücksicht auf die nächtliche Beleuchtung 
sind ihre Kleider in mehr dunkeln Farben gehalten. (13) 
' Hatchö Zutsumi Yoru-no-Kei; — gez. Ichiyüsai 
Kuniyoshi gwa Herausgeber: 
Abend am Hatchö-Quai Yama-Ta 
Hatchö Zutsumi, gewöhnlich Dote Hatchö genannt, war in alter Zeit eine Dammstraße 
nahe beim wohlbekannten Vergnügungsviertel Yoshiwara in Yedo. Es ist verständlich, 
daß hier manche tragikomische Szene sich abspielte im Zusammenhang mit den Gästen 
der Grünen Häuser, die auf dem Weg nach der Gegend der Roten Laternen die Straße 
benützten. 
Das Bild zeigt drei Frauen, die sich vom kühlen Ahbendwind fächeln lassen. Sie sind ganz 
hübsch, aber ihr Gehaben beweist, daß sie nicht zu den feinen Leuten gehören. Die mittlere 
pflückt eine Blume, alle tragen leichte Sommerkimonos und Obis, mit denen der Wind 
spielt. Im Hintergrund bewegen sich Sänften durch die Nacht, in welchen die Besucher 
sich ins Yoshiwara bringen lassen. (128) 
Yoru-no-Sakura; — gez. Ichiyüsai Kuniyoshi gwa Herausgeber: 
Kirschblüten bei Nacht Manju, Yamashitachö 
Einer der größten japanischen Dichter aller Zeiten, Ki-no-Tsurayuki (882—946), erklärte 
in seinem berühmten Gedicht: „Alle Blumen verblassen neben der Kirschblüte und sind 
kaum der Beachtung wert.‘ So weit geht die Bewunderung der Kirschblüte im Inselreich 
von Nippon. Unter den vielen wegen ihrer Kirschblüten bekannten Plätzen sind die 
folgenden vor allem berühmt: Der Yoshino-Berg in der Provinz Yamato, der Ueno-Park, 
Mukojima, Asukayama und Koganei in und bei Tokyo, Arashiyama bei Kyoto. 
In der Mitte des Bildes steht ein geschmackvoll gekleidetes Mädchen und blickt auf ihre 
Freundin, die eben ein Büschel Kirschblüten gepflückt hat. Die beiden gehören, wie die 
ebenfalls aufmerksam zuschauende dritte. nach Kleidung und Ausdruck zu der oberen 
Gesellschaftsklasse. (8) 
” Aki no Yükei; — gez. Ichiyüsai Kuniyoshi gwa Herausgeber: 
Ein Herbstabend ' 
Der japanische Herbst hat außerordentlich angenehme Eigenschaften. Die Luft ist wohl- 
tuend frisch und kräftigend, ohne zu reden von den sogenannten sieben Herbstblumen 
und einer großartigen Fülle von Chrysanthemum. 
Das Bild zeigt eine Szene mit der charakteristischen Herbstblume, die die Japaner Nana- 
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