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Ein schweizerischer Kunstfreund, Mitglied der Zürcher Kunstgesellschaft,
Herr Alfred Baur in Genf, hat sich entschlossen, dem Zürcher Kunsthaus
für einige Wochen einen Ausschnitt aus seiner Sammlung japanischer und
chinesischer Kunstwerke zu überlassen und ihm damit, abgesehen von dem
den Blättern innewohnenden künstlerischen Interesse — eine andere Art
von Jubiläumsspende — zu hoffentlich recht ansehnlichen Einnahmen aus
Eintrittsgeldern zu verhelfen. Die Ausstellung im Kunsthaus ist also sein
Geschenk.
Eine Besonderheit dieses Teils der Genfer Sammlung liegt darin, daß er
ausschließlich Holzschnitt-Triptychen aus einem verhältnismäßig engen
Zeitabschnitt umfaßt. Es sind mehrteilige Bilder, als solche konzipiert,
aber die Teile auf lose Blätter gedruckt, die oft genug durch den Markt
und die Käufer einzeln in alle Winde verstreut worden sind und nur mit
ausgedehnten, geduldigen Nachforschungen wieder haben aufgefunden
und zum ursprünglichen Ganzen vereinigt werden können. Zur Sicherung
für alle Zukunft hat der japanische Gewährsmann des Sammlers sie in der
durch die Komposition bestimmten Ordnung an einander gefügt und ein-
gerahmt. Die Kompositionsform des Drei- und Mehrblatt-Druckes stammt
schon von einem Meister aus der hohen Zeit des japanischen Holzschnittes,
von Okumura Masanobu, 1689—1768. Die hier vereinigten Drucke gehören
dem zweiten und dritten Viertel des 19. Jahrhunderts.
Die Sammlung zeichnet sich weiter dadurch aus, daß der japanische Experte
Kumasaku Tomita in Kyoto für jedes Bild einen Kommentar vom }apa-
nischen Standpunkt aus aufgestellt hat. Es ist erstaunlich, wie viel wir
daraus für das ‚„‚Lesen“‘‘ dieser Bilder lernen können. Mit Auszügen aus den
in einer Art von Japan-Englisch verfaßten Texten versucht der Ausstel-
lungskatalog von ihrem sachlichen Inhalt was angezeigt erschien auch in
die deutsche Sprache herüberzunehmen, vielleicht auch etwas von dem
ihnen eigenen Ton und der besondern Lebensanschauung. Sie führen in
eine Welt. hinter der überall der Stolz eines Volkes auf seine große und
wechselvolle Geschichte und eine streng nationale Ethik steht.
Die Themen lösen sich rasch vom weiten Gebiet der älteren Mythen, Sagen
und Heldengeschichten, verweilen bei der Figur des schönen Genji aus
dem höfischen Roman der gelehrten Dichterin Murusaki Shikibu, um 980,
und gehen über zur Welt der großen Feudalherren, der Daimyos und ihrer