Volltext: Niklaus Manuel Deutsch

solen, der zweiteiligen Strahlenglorie als Ankündigung einer 
himmlischen Erscheinung. Doch darf der Anspruch an Symmetrie 
nicht zu hoch gespannt werden. Starke Verschiedenheit in der 
Proportion der Figuren von Bild zu Bild, ungleiche Behandlung 
des Bodens stören sie. Noch größer ist auf den Innenflügeln die 
Verschiedenheit im Schauplatz und im Maßstab der Figuren, 
hier wird indessen eine formale Bindung nicht im gleichen Maß 
erwartet, da sie ja durch das Mittelstück des Altars getrennt sind. 
Die farbige Erscheinung der vier Bilder ist heute nicht völlig ein- 
heitlich. Neben den kühl strahlenden Winterthurer Tafeln wirkt 
der Berner Flügel unter vergilbtem Firnis etwas beschwert und 
getrübt. Doch ist nicht zu zweifeln, daß der Mantel des Lukas und 
die Schaffnerin mit dem Kind im gleichen, vollen Zinnober an- 
gelegt sind wie die Barette des Goldschmieds und des Gesellen 
und das Kleid des Joachim. Das milde Malvenrot am Mantel des 
Joachim und Kleid des Eligius erscheint auch am Unterkleid der 
sitzenden Schaffnerin und an der alten Hebamme in der Wochen- 
stube, und da und dort im Bodenbelag und an Architekturteilen, 
für die sonst Weiß als Marmor und dunkles Schiefergrau verwendet 
werden. Wichtig sind die weiße Gewandung des Goldschmied- 
gesellen und der Rock der Anna in der «Begegnung». Das Stahl- 
blau ihres Mantels, der windbewegten Quasten des Laubgehänges 
und am Lukaskleid ist stark nachgedunkelt, stellenweise bis nahe 
an stumpfes Schwarz. Sehr reizvoll sind die Landschaften mit 
hell bräunlichgrünen Laubbäumen und schwarzgrünem Tannen- 
gürtel, hell ockerbraunen Felsen und grünblauer Ferne, licht- 
weißem bis stahlblauem Wasser und weißblau leuchtenden Schnee- 
bergen unter Goldgrundhimmel mit leichter Wolkenzeichnung 
statt Damastprägung. Das dreimal wiederkehrende Thema: Was- 
ser, Insel, Bäume, Berge ist am reichsten entwickelt im Eligiusbild. 
Bei allen augenfälligen Verschiedenheiten stellen sich aber die 
vier Bilder nach Anlage und Auffassung als Einheit dar; jedes 
wieder aus sorgsam durch-gezeichneten, in engen Umriß ein- 
gezogenen Einzelteilen zusammengefügt, wie eine schweizerische 
Kabinettscheibe, als Ganzes aber farbig und kompositionell heiter 
und offen. Die Jahrzahl 1515 auf dem Eligiusbild ist auch für die 
drei andern Darstellungen verbindlich. 
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