Bilder entstanden sind, um die Theorien, die andere und er selber
ihnen nachträglich oder zum voraus unterlegen, steht hier die un-
mittelbare Berührung mit der künstlerischen Substanz im Werk und
mit dem Maler. Als Führer zu seiner Kunst werden wir eher ihm
selber folgen als einem Interpreten, auch nicht Proudhon, der ein-
räumt, daß der Maler Courbet größer ist als der Denker, und doch
von ihm in erster Linie Gedanken verlangt, statt Licht und Schatten,
Formen, Farben, und Atem der Natur.
Für die Begabung und Bemühung des Mittelschülers in Besancon
zeugen einige zeichnerische Proben, die Lithographie des Pont Nahin
und die kleine Heimwehlandschaft, die wie die Lithographie den
Schauplatz für die Wirksamkeit des künftigen Maitre d’Ornans um-
schreibt und das Leitmotiv der über dem Tal hängenden Roche du
Mont und übrigen Felsen antönt, während das kleine Selbstbildnis
von 1840 hinüberleitet zu seiner persönlichen Erscheinung. Nicht
weniger als sechsmal begegnet sein Bild allein im großen Saal; in der
samtschwarzen Doppelsilhouette von Hund und Mensch als Jüng-
ling im lockigen Haar, ein Bild der Jugend und hoffnungsvollen
Glücks; mit wenig veränderten Zügen, immer noch Malstudent, mit
gleichem Haarschnitt, aber Flaum an Lippen und Kinn, und etwas
weltschmerzlich blickend, als „Mann mit dem ledernen Gürtel“;
schwärmerisch aufgelöst in dem „Verwundeten“ und an der Seite
der Freundin; gestrafft als Mann, im dunkeln, vollen Kopf aus
Besancon. Die wechselnde seelische Haltung führt Courbet von Bild
zu Bild auch die Hand. Der Schritt von einer Form zur andern voll-
zieht sich unglaublich früh und rasch, anscheinend im Lauf eines
einzigen Jahres. Um das Selbstbildnis mit dem Hund, von 1842,
stellen sich, von 1842/43 der Kopf der Schwester Zoe, die Bildnisse
Ansout und Juliette und die Hängematte, von 1844, Werke, die
zeichnerisch gesehen sind, mit durchgehaltenem Umriß.und wohl auf-
einander abgestimmten, aber doch kolorierten Flächen. Unmittelbar
neben ihnen folgen mit der gleichen Jahrzahl der Verwundete und
das Liebespaar, ganz malerisch, nur hell aus dunkel geholt, nach dem
Prinzip, das Courbet später als Landschafter und „Realist““ umschreibt.
Vergegenwärtigen wir uns jene Sätze, so haben wir den Schlüssel
zu seinem ganzen Werk als Malerei.
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