Wie die deutschen Maler der ersten Hälfte des Jahrhun-
derts hat Corot, der Museen und Kirchen nur in beschränktem
Mass als Quellen künstlerischer Inspiration betrachtete und
benutzte, in Licht und Linienzug der italienischen Landschaft
wohl eine Zeit lang Formen höherer Ordnung gesehen als
wie sie dem Norden eigen sind. Und doch hatte er schon zum
ersten römischen Aufenthalt das mitgebracht, was ihn sein
eigenes Land, Frankreich, ebenso lebendig sehen und aus-
prägen liess, eine Empfindungs- und Gestaltungskraft, die nie-
mals nötig hat, sich erst am Motiv zu entzünden, sondern
die selber jede Landschaft aus dem persönlichen und ihrem
eigenen Wesen formt und Bild werden lässt. So muss er
bald nicht mehr nach fremden, neuen Gegenden ausschauen,
sondern findet seine Bilder, wo er nur selber ist. Die eigent-
lichen Malerfahrten blos zur Natur, fort von den Menschen,
hören auf. Es kommt dazu, dass er weniger der Landschaft
als seinen Freunden nachzugehen, statt Kunst- nur Besuchs-
reisen auszuführen scheint. Als Frühaufsteher und Waldläufer
hat der Maler-Gast aber doch immer den {frischen Morgen
und den hellen, langen Tag für sich, um nach vollbrachter
Arbeit mit den Fröhlichen vergnügt zu sein.
Fast unübersehbar‘ sind seine Beziehungen, und sie
brechen mit dem Tod der ursprünglichen Träger nicht ab,
sondern bleiben in deren Familien und Kindern lebendig
und weiter fruchtbar, wie auch bei seinen Künstlerfreunden
und Schülern die Generationen einander ablösen. Da sind
die Genossen seiner Jugend in der Schule und in der noch
kunstfernen Lehrzeit: Abel Osmond mit seiner Familie in
Rosny bei Mantes, später in Saint-Lö; M. Höbert in Essomes
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