gesehene Uebergrösse da und dort schwindet und anderseits
Verkürzungen sich strecken.
Corot braucht oft das Wort Gefühl zur Bezeichnung der
unmittelbaren, ursprünglichen Empfindung als Anlass und
letzten Inhalt des Kunstwerkes, Robaut und Moreau-Nelaton
sprechen von seiner Arglosigkeit und Güte. Man hat ihn darob
allzu rasch zu einem gefühlvollen, aus einem aufrichtigen zu
einem kindlich naiven, aus einem gütigen zu einem gutmü-
tigen Menschen, aus einem Künstler von Sentiment zu einem
sentimentalen Schwärmer gemacht. Hier sollen wir zu den
Quellen gehen, seinen von Robaut zahlreich und ausführlich
überlieferten Aufzeichnungen und Aussprüchen, in denen
nichts anderes als klare künstlerische Einsicht und bewusste
und männlich feste Gesinnung wohnen. Seine Kunsttheorie
ist zu einem guten Teil sittliche Ueberzeugung, sie kommt
aus seiner Weltanschauung wie aus seinem Handwerk. Sie
enthält auch Widersprüche, sobald man Sätze aus weiter von
einander liegenden Abschnitten nebeneinander und nicht
neben den zugehörigen Teil des Werkes stellt, die Wider-
sprüche, die zwischen Jünglings- und Mannesalter und zwischen
Mann und Greis bestehen. In seinem Werk ist sie zu jeder
Zeit erfüllt. Ihr Grundgesetz ist Wahrheit und Einfachheit.
Damit daraus ein Kunstwerk wird, gibt Corot dazu seinen
Fleiss und das, was ihm ein gütiges Geschick gegeben hat.
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