Full text: Juan Gris - du 2 au 26 avril : Fernand Léger, du 30 avril au 25 mai

GIEDION 
Die Schweiz liegt in der Mitte Europas. Sie ~ Diese Maler, von denen sicher jeder einen orga- 
ist umgeben von grossen Nationen mit denen sie nischen Ablauf seines (Euvres nachweisen kann, 
die Sprachen teilt. Sie ist gewiss nicht dazu berufen, sind, mit vielen andern, Teile einer Gesamtbewegung 
dass sie den Grösseren, die sie umgeben, den Weg des Kubismus. 
bestimmt, aber sie ist andererseits ihrer ganzen Der Kubismus hat zwischen 1908 und 1914 die 
Erziehung und Haltung nach nicht nur bestimmt, Elemente für eine neue optische Erfassung der 
ein Mitläufer zu sein, der einfach aufnimmt, was Welt geschaffen, auf denen für lange hinaus unser 
für die Andern bereits erledigt ist. Sehen beruhen wird. Darum sind die Ausstellungen 
Der verhältnismässig hohe Lebensstandard und eines Picasso-Braque, Leger, Gris, und die Ueber- 
das ruhige Continuum ihrer Entwicklung lässt sie sicht über ihr Werk nicht einfach retrospektive 
von vornherein dazu Darbietungen, sondern die 
bestimmen, die Dinge, Deutlichmachung unserer 
um die in den grossen heutigen visuellen Ent- 
Zentren gekämpft wird, wicklung. Wem diese neue 
nicht nur registrierend auf- visuelle Entwicklung nicht 
zunehmen, sondern in ihrer zum inneren Bestandteil 
neutralen Atmosphäreauch seines Wesens geworden 
kritisch nach zu prüfen. ist, der wird auch die 
Wenn die Schwiez in räumlichen und æsthetis- 
der letzten Zeit auf dem chen Grundlagen der heu- 
Gebiet der Malerei in ihren tigen Architektur immer 
offiziellen Kunsthäusern wieder missverstehen. 
(Basel, Bern, Zürich) ver- Die verschiedenen gros- 
schiedene Ausstellungen sen Schweizer Ausstellun- 
gemacht hat und weitere gen auf diesem Gebiete 
in dieser Richtung beab- sollen die langsam sich 
sichtigt, die sich mit entwikkelnde Tradition des 
neuer Malerei beschäftigen, heutigen Sehens vor uns 
die z. T. mehr als 20 Jahre selbst klar machen. Das 
zurückliegt, so handelt es ist ihr eigentlicher Sinn. 
sich dabei nicht um re- Gewiss gibt es auch in 
trospektive Darbietungen der Schweiz immer noch 
für die die «Provinz» all- viele Gegner. Aber man 
mählich reif geworden ist, konnte an der Picasso- 
sondern darum : in einer Ausstellung erkennen, dass 
Atmosphäre, die die ôrt- das Publikum wirklich 
lichen Intriguen des Ent- aufgewühlt wurde, und sich 
stehungsortes nicht zu be- ernsthaft mit den Erschei- 
furchten hat, nachzuprü- nungen auseinandersetzte. 
fen, wie weit die Er- Heute fällt der Schweiz, 
scheinungen lebendige Be- wie schon manchmal im 
standteile unseres Wesens 79390. Verlaufe der Entwicklung 
und unserer Zeit sind. — die wichtige Rolle 
1929 hat das Zürcher Kunsthaus einen kurzen zu, eine Kulturfront aufzurichten. Nördlich ihrer 
Ueberblick über die verschiedenen Richtungen jener Grenze wird heute in kulturellen Dingen alles un- 
Malerei gegeben, die den grossen visuellen Wandlun- gesichtet mitüberrannt, was zukünftige Ansätze 
gen dieses Jahrhunderts Rechnungträgt. 1932 folgte gebildet hatte. .Die Schweiz, die früher in der Mitte 
die grosse Picasso-Ausstellung mit über 30.000 Besu- lag, ist heute ein Grenzposten geworden. Ein 
chern (d. h. jeder zehnte Bewohner der Stadt ist Grenzposten, in dem die Entwicklung des Westens 
durch die Ausstellung gegangen). Dem frühver- 3er- endigt. 
storbenen J. Hoffmann-Stehlin verdankt Basel die Gleichzeitig aber ein Zufluchtsort, der im Masse 
erste offizielle Ausstellung Hans Arps (1932). Und seiner bescheidenen Kräfte dafür zu sorgen hat, 
jetzt wird gleichzeitig in Basel das Gesamtwerk dass die Werte, die mühselig in den letzten 30 Jahren 
von Georges Braque und in Zürich Juan Gris und geschaffen wurden, nicht alle dem Untergang ver- 
Fernand Leger gezeigt. fallen.
	        
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