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die Figuren in fast mathematischer Symetrie, das Elternpaar
zu äußerst rechts und links ganz vorn im Bild, ein junges Paar
vereint auf dem Sopha in der Mitte der Rückwand, eine große
Stehlampe stört die Ordnung mit einseitigem starkem Schein
von der Seite der Mutter her. Herr H, am Radio wird von
einer Deckenlampe erhellt, die aber ihren Glanz vorerst den
obern Goldrahmen der Bilderwand spendet, eine kleine Tisch*
lampe führt ihr eigenes Dasein mit hellblau erleuchtetem Schirm,
vor dem Fenster wallt ein goldener Vorhang, Teppiche, Blumen
und farbige Möbelbezüge und umstrahlen zwei dunkel gekleidete
Gestalten.
Der stärkere städtisch=häusliche Sinn, auch eine unzweifei*
haft stärker ausgeprägte geistige Konsequenz und Disziplin,
stärkere Willensleitung, führen Vuillard eher als Bonnard auch
zur Bildnismalerei. Er beginnt mit einem Selbstbildnis, und
schon die frühen Kompositionen vereinigen Bildnisse, das «Dé*
jeûner» zum Beispiel heißt eigentlich «M. Roussel, M me Vuillard,
M me Roussel et Annette». Das blaue Brustbild der Madame H,
gibt die Figur mit kaum angedeuteter Situation. Monsieur J. H.
von 1905 hat vor sich ein goldgrün funkelndes Stilleben, im
Rücken eine grüne Landschaft von Cézanne. Mutter und Kind
von 1912 leben für das Bild und sind sich selbst genug, ohne
Bedürfnis nach interessierter Anteilnahme von Freunden und
Anverwandten. In manchen Innenbildern sitzen und stehen die
Personen deutlich charakterisiert nach Gestalt und Antlitz,
«Romain Coolus», der Mann im Besuchskleid vor dem Divan,
auf dem in roten Kissen und roten Decken vor grün erleuchtetem
Wandschirm ein Büschel grauer Frauenhaare vergraben ist,
Hund und Teppiche am Boden im Schatten, das obere Drittel
des Zimmers vom Lampenlicht hell überstrahlt, ist ein vollkommen
ausgestattetes Bild, kein Bildnis mehr,- gleich wie die nähende alte
Frau am Fenster mit dem Ausblick auf den Wintertag, Anders
das Bildnis M. L., da ordnet sich ein prunkvolles Intérieur mit
kostbaren Gemälden, Wandteppichen und Möbeln in edlen
Hölzern und blitzenden Beschlägen der menschlichen Gestalt
unter,- das Bildnis der schwarz gekleideten Madame K, mit