W ENN die Annahme, dass die Technik des Holzschnittes den ersten
Anstoss zur Erfindung des Buchdruckes gegeben habe, als sehr
glaubwürdig zu betrachten ist ! ), so steht auf jeden Fall die Tat
sache fest, dass die Kunst des Holzschnittes dem Buchdruck, besonders in seinen
Anfängen, die grössten Dienste geleistet hat. Nur der Holzschnitt ermöglichte
eine Ornamentik, dank welcher die ersten gedruckten Bücher den Wettkampf
mit den prächtigen, mit Miniaturen geschmückten Handschriften aufnehmen
konnten.
Die Abneigung des Publikums gegen die ersten gedruckten Bücher war in Eu
ropa allgemein, besonders aber in Italien, wo die Kunst der Kalligraphen und
Miniaturmaler ungewöhnlich hoch entwickelt war 2 ). Die verächtlichen Worte
des Buchhändlers Vespasiano da Bisticci *) in seiner Beschreibung der Bibliothek
Friedrichs von Montefeltro: «In quella libraria i libri tutti sono belli in super-
lativo grado, tutti iscritti a penna, e non v’£ ignuno a stampa, che se ne sareb-
be vergognato», die bekannte Bittschrift von 1472 «pro parte Consulum et to-
tius artis scriptorum librorum », gerichtet an die Ältesten der Stadt Genua, gegen
die deutschen Drucker 4 ), die politischen und religiösen Bedenken, die ihren Aus
druck in der öffentlichen Zensur fanden, zeigen klar, welch riesiger Komplex
von Gewohnheiten und von materiellen und moralischen Interessen sich der
wunderbaren Erfindung Gutenbergs in den Weg stellte.
Wenn nun auch der Politik und der Kirche einige einschränkende Gesetze ge
nügen mochten, und wenn es in gewissen Fällen zu vernünftigen und prakti
schen Übereinkommen zwischen Druckern und Kopisten kam, (die letztem wur
den oft Buchdrucker), so brauchte es doch bedeutend mehr, um dem raffinierten
Geschmack des damaligen italienischen Publikums gerecht zu werden. Diesem
genügten die oft anmassenden Lobgedichte der Kolophone nicht, die in hohen
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