Paläotypen ohne Ornament kein Erfolg blühte, und dass in Italien nur dann
ein Buch als wirklich schön galt, wenn es Buchschmuck besass' 5 ). Zu einer tat
sächlichen Befreiung des Holzschnittes von der Tradition der Miniatur gelangen
wir erst später mit Ratdolt 14 ). Wer aber aufmerksam den langen und mühsamen
Weg des Buchdruckes verfolgt, dem zeigen sich klar die folgenden Richtungen:
der Holzschnitt wird der Miniatur angepasst, d. h. er wird bemalt, oder aber
die Miniatur wird durch den Holzschnitt ersetzt. Neben diesen beiden Haupt
richtungen macht sich hie und da ein bescheidener Versuch bemerkbar, ein
Buch mit Holzschnitt Bordüren zu schmücken, und darin freien Platz für das
Originalwerk eines Miniaturmalers zu lassen.
Die Sammlung, die wir hier dem schweizerischen Publikum vorführen, kann
nicht darauf Anspruch erheben, eine vollständige Darstellung der Entwicklung
des italienischen Buches als Kunstwerk zu bieten; immerhin stellt sie eine or
ganische und höchst bedeutsame Auswahl dar. Beginnen wir mit den ersten,
noch unsicheren Schritten des künstlerischen Buchdruckes! Nr. 3, Arte del ben
morire, ist ein typisches Beispiel der Anpassung des Holzschnittes an die Kalli
graphie, denn tatsächlich ist die Umrahmung des ersten Blattes gedruckt, um
bemalt zu werden. Im Appianus von Ratdolt (Nr. 2) ist das kalligraphische
Ornament endgültig durch den Holzschnitt ersetzt worden. Die kurze, aber hoch
interessante Übergangsperiode, welche im gedruckten Buch dem Werk des Mi
niaturmalers einen bestimmten Platz ausspart, ist durch den Petrarca von Po-
gliano (Nr. 1) vertreten. Übrigens scheint uns gerade diese Tendenz, die mehr zur
Illustration als zum Buchornament Bezug hat, noch nicht genügend studiert zu
sein. Ein interessantes Stück ist dieser Petrarca weiterhin, weil jener Mäzen aus
Carrara, der im Jahr 1476 zwei unbekannte Buchdrucker in seinen einsamen
Palast nach Pogliano kommen lässt' 5 ), um ein Buch nach seinen Ideen drucken
zu lassen, das typische Beispiel eines Liebhabers darstellt, welcher, dem Fort
schritt der Technik trotzend, die alte, glorreiche Tradition der Miniaturmalerei
auch ins gedruckte Buch herüberretten möchte.
Nach diesen ersten, tastenden Versuchen blüht der Holzschnitt - in seiner dop
pelten Form, als Buchschmuck und als Illustration - in Italien in ungewöhnli
cher Pracht und Fülle, so dass die Wahl aus diesem Überfluss bedeutender
Werke schwer wird. So weit es in unserem Vermögen stand, haben wir versucht
den einheitlich nationalen Charakter und die regionalen Eigenschaften des ita
lienischen Holzschnittes zu veranschaulichen.
Bekanntlich ahmt der italienische Holzschnitt nicht, wie der deutsche, die Minia
tur nach, sondern er inspiriert sich an der Monumentalkunst' 6 ). In der gegen
wärtigen Sammlung sind davon die besten Beispiele vertreten wie: Petrarca 1488
(Nr. 14), Dante 1491 (Nr. 17), Titus Livius (Nr. 50), Herodotus (Nr. 29), Dot-
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