geben wurde. Auch dieses Buch erfreute sich grosser Popularität - sechs Auf
lagen folgten derjenigen von 1845 - und diesen Erfolg hat es unbedingt seinen
praktischen, bodenständigen Anschauungen zu verdanken, die zur humanisti
schen Richtung im Gegensatz stehen.* s )
Gross ist das Feld der wissenschaftlichen Literatur, das Herbarium des Katala
nen Arnaldo de Villanova, in Vicenza gedruckt (Nr. 18) und der Traktat des
Crescenzio über den Ackerbau (Nr. 56) zeigen, wie aus verschiedenen und oft
entfernten Gegenden die Substanz wieder in unser Land zurückfliesst, woher sie
ursprünglich stammte; sei es indirekt (durch die Zivilisation der Araber) sei es
direkt (durch römische und christliche Überlieferung) aus der unerschöpflichen
Quelle der Antike, geordnet und verschmolzen in den mittelalterlichen Enzy
klopädien. Ähnlich steht es mit dem «Fascicolo di Medicina» des halb legen
dären Johannes de Ketham (Johannes Kirchheimer) 26 ), dessen Traktat, obgleich
fremden Ursprungs, zum ersten Mal in Italien gedruckt wurde und hier viele
Auflagen mit Erweiterungen u. Varianten erlebte.
Wenn wir das wirtschaftliche Leben Italiens im XIV. und XV. Jahrhundert be
rücksichtigen und uns der riesigen Darlehen erinnern, die Florenz an ausländi
sche Fürsten zu gewähren pflegte; wenn wir uns vergegenwärtigen, dass ums
Jahr 1422 zweiundsiebzig Wechselstuben am «Mercato Nuovo» bestanden, dass
dort ein Umsatz von zwei Millionen Goldflorinen zu stände kam, dann wird es
klar, dass einer der ersten arithmetischen Traktate aus Florenz stammen mus
ste (Calandri Nr. 15), und dass die «doppelte Buchhaltung» nur aus Italien
kommen konnte 2 ’).
Leicht wird der Übergang von der Wissenschaft zur Kunst, denn wie die gros
sen Maler des Quattrocento die Probleme der Perspektive gründlich studierten,
und ein hervorragender Mathematiker, wie Luca Pacioli, sein Werk «la Divina
Proportione» von bedeutenden Künstlern illustrieren Hess, so reicht auch die
Musik der Mathematik die Hand, und Francesco Gaffurio (Nr. 34) schreibt seine
« Practica Musicae », 28 ) worin er - im Gegensatz zu den, ans Absurde grenzen
den Regeln des Mensuralismus - sein System der Harmonie auf der edlen und
sichern Wissenschaft der Zahlen aufbaut. Sympathische Zeugen der angewandten
Kunst sind die eleganten Bücher über Kalligraphie, Stickerei und Spitzenar
beiten (Nr. 59,80), und wichtige Seiten des italienischen Lebens beleuchten
Bücher wie Marozzo, Arte dell’Armi (Nr. 79) und die eigentümlichen Werke
eines Marcolini 29 ) und eines Fanti (Nr. 67,68). Bekanntlich waren die italie
nischen Fechtmeister weltberühmt; aber auch die astrologischen und chiroman-
tischen Abhandlungen sind so frei von allem Spuck und Geisterwesen, so voll
von praktischem Sinn und politischem Takt, dass sie weit über die Grenzen
des Landes hinaus bekannt waren.
— XV111