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DIE GRUNDLAGEN MODERNER
STÄDTE RWE ITE RU N G
Man hat das Problem der Stadterweiterung in den verschiedenen
Zeiten sehr verschieden angesehen. Man hat es vom rein formel
len Standpunkt aus betrachtet und dannzumal «Stadtbaukunst»
betrieben, man hat es dann wieder unter rein praktischem Ge
sichtspunkt betrachtet und hat Theorien der Verkehrsleitung
aufgestellt.
Wenn man den Dingen auf den Grund geht, so wird man bald
erkennen, dass das wesentliche Problem, das sich den Stadter
weiterungen stellt, in der Nutzung des Grund und Bodens be
steht; und zwar nicht nur des Bodens, der in unmittelbarer Um
gebung der Stadt noch frei ist, vielmehr auch des Bodens in der
weitern Umgebung, der in entfernteren Zeiten der Stadtent
wicklung zu dienen hat.
Wenn man die Städte betrachtet, wie sie sich im Lauf der Jahr
hunderte entwickelt haben, so wird man immer wieder konsta
tieren müssen, dass ihre wertvollsten Partien in erster Linie dar
auf zurückzuführen sind, dass in einem gegebenen Zeitpunkt
eine Macht auftrat, die über den Grundbesitz verfügen konnte.
Lässt man das Altertum ausser Betracht, so wird man finden, dass
schon im Mittelalter der Privatbesitz von Grund und Boden
einen andern Charakter hatte als heute. Die Herrschaft, ob geist
lich oder weltlich, besass das Hoheitsrecht am Grund und Bo
den; sie verlieh den Siedlern das Recht, den städtischen Grund
und Boden gegen einen Pachtzins zu nutzen; sie wahrte sich das
Besitzrecht auf dem Grund und Boden ausschliesslich. Die Ei
gentümer des Grund und Bodens waren also gleichzeitig Inhaber
der politischen Macht. Als sich die ersten städtischen Gemein
wesen bildeten, bestand dieser Zustand noch unverändert, denn
die städtischen Verwaltungen setzten sich fast überall in den
Besitz der vormaligen herrschaftlichen Bodenrechte. In den
Schweizer Städten ist die Auswirkung dieses öffentlichen Bo