ZUM GELEIT
Von Dr. Julius Kurth
Im Jahre 1862 wurde das gebildete Europa zum ersten Male
mit Farbenholzschnitten aus Japan bekannt. Sie erschienen
als neuentdeckter Kunstzweig auf der Weltausstellung in
London. Noch im selben Jahre tauchten sie in Paris auf und
erregten eine ungeheure Begeisterung. Es gibt Gebiete in
Kunst und Wissenschaft, die auf den Liebhaber einen ge
radezu magischen Reiz ausüben, so die ägyptische Kunst be
stimmter Epochen und das schier unerschöpfliche Pompeji.
Auch die neue Wunderblume des fernen Ostens besitzt die
sen dämonisch-spannenden Zauber. Man mag Geheimnis
nach Geheimnis entschleiern, ihre Farben und Formen ana
lysieren, sie mit der Lupe des Kulturhistorikers oder des
Künstlers betrachten, immer wieder entfaltet sie neue Reize,
und schliesslich stösst man auf unlösbare Reste, weil hinter
der zarten Buntheit bedeutende Meisterpersönlichkeiten
stehen.
Die französischen Impressionisten nahmen diese Blätter
tief ernst. Brachten sie doch ähnliche formale und koloristi
sche Probleme zur Lösung, wie ihre eigenen Werke. Eben
so war von vornherein klar: diese Kunstprodukte wandten
sich nicht an grosse Massen, sondern an einen kleinen Kreis
erlesener Geniesser, an eine mit nervöser Feinheit empfin
dende Elite. Whistler, Manet, Monet liebten sich in sie
hinein, und wie Whistler auf seinem berühmten Carlyle-
Bildnis in echt japanischer Art den Hintergrund durch
einen Schmetterling im Ringe belebte, so führte Toulouse
Lautrec ein Signet, das man direkt für japanisch halten kann:
das waren bewusste Huldigungen an den Japanismus.
Zu den begeistertsten Verkündern der neuentdeckten Kunst
aber gehörte Edmond de Goncourt, dem wir die ersten bei
den Monographien japanischer Holzschnittmeister (Uta-
maro 1891, Hokusai 1896) verdanken. Die erste Geschichte
des Japanholzschnittes in deutscher Sprache gab dannWol-
demar vonSeidlitz 1897 heraus. Diese und zahlreiche andre