Volltext: Japanische Holzschnitte

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Tokugawaepoche hatte bereits im 18. Jahrhundert einen 
tiefen Sittenverfall gebracht. Die grosse Kluft, die zwi 
schen Feudaladel und Bürgertum klaffte, konnte ein rau 
schendes Genussleben nicht vergessen machen, und zahl 
reiche Edikte, die dem Sturze Einhalt tun wollten, erwie 
sen sich als machtlos. Mit der neuen Aera wurde diese Zeit 
verhasst und mit der Zeit eines ihrer bodenechtesten 
Werke: der Farbenholzschnitt. Soweit er nicht einfach be 
rühmte Gemälde zu reproduzieren versuchte oder Heroen 
geschichten, Landschaften, Tiere und Blumen wiedergab, 
spiegelte er ausschliesslich das bunte Leben seiner Tage in 
Plakaten der damals auf gekommenen Volkstheater und in 
zahllosen Bildnissen der den höheren Schichten unbelieb 
ten Volksschauspieler, die es gewagt hatten, ihr Gesicht 
nackt, das heisst ohne die übliche Maske zu zeigen, ferner 
in Szenen des Frauenlebens aller Stände, besonders aber in 
Porträts der Schönheiten des Yoshiwara, endlich in einer 
gewaltigen Kette von Shungwa oder Liebesbüchern. 
In Amerika und Europa waren einzelne grosse Sammlun 
gen entstanden und umfangreiche, vortrefflich bebilderte 
Auktionskataloge erschienen, unter denen die der Samm 
lungen Hayashi (1902) und Barboutau (1904) den ersten 
Rang einnehmen, weil sie zum ersten Male solche bio 
graphischen Daten der Meister brachten, die aus drei älte 
ren japanischen Quellen geschöpft waren. Ich konnte die 
Zahl dieser Quellen bereits in meinem «Utamaro» (1907) 
auf acht vergrössern und habe in meiner «Geschichte des 
japanischen Holzschnittes» I (1925) mehr als 30 benutzen 
können. Im Anfang unsres Jahrhunderts war ein Kulmi 
nationspunkt der Begeisterung für Japanholzschnitte er 
reicht. In London, Paris, Berlin gab es zahlreiche Firmen, 
in denen man für mässiges Geld jeden beliebigen Meister 
erwerben konnte. Auch ich habe damals zu sammeln be 
gonnen und es heute noch nicht bereut. Aber bald nach 
dem Erscheinen meines «Utamaro», der ersten deutschen 
Künstlermonographie eines japanischen Holzschnittmei 
sters, die von der zünftigen Kritik mit Wohlwollen auf
	        
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