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genommen wurde, jetzt aber längst vergriffen und durch
mich selbst antiquiert worden ist, kam in Europa der Rück
schlag: die Geringschätzung, die die Japaner ihren eigenen
Produkten entgegenbrachten, wurde adoptiert, man nannte
die farbenzarten Blätter «Neuruppiner Bilderbogen», die
in Japan höchlichst verachtet würden (was nicht ganz
stimmt), die Sammler wurden verärgert und verkauften
ihre inzwischen zu Wertpapieren gewordenen Stücke unter
dem Preise, und der Kreis der Freunde jener Kunst ver
ringerte sich bedenklich, weil ihr angeblich die Wissen
schaft den Nimbus ausgelöscht habe. Auffallend blieb,
dass die Preise der Blätter keineswegs sanken, und dass
immer noch aus Japan eine erkleckliche Menge importiert
wurde.
Allmählich wurden die Gemüter beruhigter. Man erkannte
mehr und mehr, dass zwischen Ueberschätzung und Unter
schätzung eine recht umfangreiche Skala lag, dass, um im
Bilde zu sprechen, trotz Leonardo doch auch Chodowiecki
etwas Tüchtiges geleistet haben könne, dass in letzter In
stanz nicht historisch geprägte Worte von Hoch- und
Tiefkunst, sondern lediglich der Geschmack entschied, und
dass schliesslich auch in «Neuruppiner Bilderbogen» grosse
Kulturwerte liegen könnten. Das Ausschlaggebende aber
war wohl folgendes: Gegenüber der auf chinesischen Tra-
ditionen fussenden stolzen Malerei, die sich um so voll
kommener fühlte, je näher sie den unheimischen Vorbil
dern kam, war die Ukiyomalerei und der aus ihr stam
mende Holzschnitt ein starker Ausdruck kernjapanischen
Nationalempfindens, eine Art Selbstbesinnung und damit
für uns ein unschätzbares Dokument japanischen Geistes.
Das haben endlich auch die Japaner selbst begriffen, und
nach unsern zahlreichen Veröffentlichungen hat sich auch
das Inselreich seines eigenen Kunstzweiges angenommen.
Allerdings verfahren die japanischen Autoren darin etwas
eigenartig: 1925 erschien drüben eine Sharakumono-
graphie, deren halber Umfang darin besteht, dass sie ein
fach sämtliche 65 Tafeln meines «Sharaku» samt allen