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Dieses zusammenhanglose Bemühen fand erst gegen Ende des
vorigen Jahrhunderts eine feste Grundlage, als Dr. Iso Krs-
njavi, auch selbst ein ausgezeichneter Graphiker, eine Anzahl
jüngerer Maler und Graphiker um sich sammelte und mit
ihnen das Interesse für die graphische Kunst auf heimatlichem
Boden zu entwickeln suchte, was ihm auch gelungen ist. Ausser
den eigentlich mehr als Maler bedeutenden Vlaho Bukovac
und Bela Cikos-Sesija war es vor allem Clement Menci Crncic
(geb. 1865), von dem auch einige hervorragende Blätter in
dieser Ausstellung gezeigt werden, welcher als ausgesproche
ner Graphiker der jugoslavischen graphischen Kunst sichere
Ziele steckte. Ein Schüler Ungers in Wien, suchte er die stark
romantisch angehauchten Motive seiner Radierungen vor allem
an der Küste Kroatiens und Dalmatiens. Das Meer, welches
bis jetzt seine grosse Liebe geblieben ist, inspirierte ihn zu einer
Fülle von Blättern, deren schwebende und duftige Leichtigkeit
sich mit einer tadellosen Technik paart. Wohl fehlt mancher
seiner Landschaften die organische Einheit im Sinne einer
modernen Kunstauffassung, was ja aus seiner Schule zu er
klären wäre, aber daneben besitzen sowohl seine früheren als
seine letzten, von den Ruinen der verfallenen kroatischen
Burgen an der Küste im Vinodol inspirierten Werke, einen
intimen und romantischen Reiz, dem man sich schwer ver-
schliessen kann.
Neben ihm waren es besonders Mirko Racki, der Autor einer
Folge von farbigen Zeichnungen zu Dantes Göttlicher Ko
mödie, Matej Sternen und Branko Senoa (geb. 1879), welche
der graphischen Kunst die Wege bahnten. Ein typischer Gra
phiker ist Tomislav Krizman (geb. 1882), welcher sein künst
lerisches Schaffen mit einer Reihe farbiger Radierungen mit
Motiven aus Bosnien und der Herzegowina begann, zu denen
sich später eine Anzahl Bildnisse und figuraler Werke dazu
gesellten. Die stille Melancholie der orientalischen Landschaft
reizte ihn auch später, und sein bestes Werk ist eine Folge von
Blättern nach Motiven aus Südserbien und Mazedonien, wo
er nicht nur das Typische des Milieus zu erfassen verstand,
sondern auch zu einer innerlichen Belebung seiner Motive und
ihrer Typisierung schritt. Seine vorzügliche Beherrschung der
Technik lässt ihn wohl manchmal etwas geziert erscheinen.