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der Blick über das Auf und Nieder von Hügel- und
Bergketten; Flüsse winden sich durch Ebenen; Meeres
arme dringen tief ins Land; darüber liegen schwere,
mächtig geballte Wolken. Wenn er Bäume malt, so
stehen sie in weichem bräunlichem Sonnenlicht. Men
schen und Menschenwerk erscheinen selten, nur so
weit als sie der Ruhe und dem ausgeglichenen
Linienspiel des Ganzen mithelfend sich einfügen,
eine griechische Tempelruine, ein alter Turm ; die
Figuren sind göttlich - übermenschliche Heroen oder
scheinen Belebungen von Gestalten des Phidias und
Skopas.
In unserer Ausstellung hängen von Menard, dem
Meister der grossen Wandmalereien der Pariser Rechts
fakultät und der Ecole des Hautes-Etudes, drei kleine
Bilder, ein südbretonischer Golf und zwei Alpenland
schaften. Auch in diesen weniger gross angelegten
Werken wird man seinen Stil spüren können, sobald
man dazu gelangt, sich vor den Gebirgsbildern frei
zu machen von jeder Beeinflussung durch die Ver
trautheit des Gegenstandes und die Erinnerung an die
Formen, in denen wir uns gewöhnt sind, ihn dar
gestellt zu finden.
Le Sidaner begann mit Figurenbildern aus seiner
nordfranzösischen Heimat, malt aber seit Mitte der
neunziger Jahre nur noch «aus Menschenhand hervor
gegangene Natur», das heisst, Architektur- und Gar
tenlandschaften. In Brügge, in französischen Land
städtchen, in Venedig, schliesslich auch in London
studierte er, wie sich das Licht in stillen Winkeln von
Gärten und Gassen an Häusern und Bäumen bricht
und im Zwielicht Fassaden und Ecken umspielt oder
im Buschwerk sich verliert. Meistens wählte er dafür
die Stunde, wo die Umrisse weicher werden, ver
schwimmen, und da und dort rötliche Lichter hinter
den Fenstern sich entzünden. «Du crepuscule a la nuit»
bemerkt er ausdrücklich zu der ganzen Reihe der
venezianischen Palast- und Kanalbilder vom Jahre
1906. Seiner Malweise wegen hat man ihn schon zu
den Impressionisten gezählt, er gehört aber nicht zu
ihnen. Wenn er wohl seine Farben neben einander